Die Europäische Kommission hat Mittwoch eine Reihe von Maßnahmen zur Bewältigung der laufenden COVID-19-Pandemiephase und zur Vorbereitung auf die nächste vorgeschlagen. Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auf, noch vor dem Herbst Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorsorge und Reaktion im Gesundheitsbereich weiter abzustimmen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Wir treten in eine neue Phase der Pandemie ein, indem wir aus dem Notfallmodus in ein tragfähigeres Management von Corona übergehen. Dennoch müssen wir auf der Hut bleiben. Die Infektionszahlen in der EU sind weiterhin hoch, und weltweit sterben immer noch viele Menschen an COVID-19. Davon abgesehen können neue Varianten auftreten und sich rasch ausbreiten. Wir wissen jedoch, wie es weitergehen muss. Wir müssen mehr impfen, boostern und gezielt testen – und wir müssen unsere Reaktionen in der EU eng aufeinander abstimmen.“
Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton erklärte: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, in Krisenzeiten stets verfügbare Produktionskapazitäten für Impfstoffe zu haben. Nach einem beispiellosen Ausbau hat die EU eine Produktionskapazität erreicht, die drei bis vier Milliarden Impfdosen pro Jahr entspricht. Mit EU-FAB werden wir einen Teil dieser Kapazität aufrechterhalten können und in künftigen Gesundheitskrisen verfügbar haben. Das ist ein Eckstein in der industriellen Dimension unserer Gesundheitsnotfallvorsorge.“
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides betonte: „Unsere Bürgerinnen und Bürger genießen nach zweieinhalb außergewöhnlichen und schwierigen Jahren endlich eine Zeit mit sehr viel weniger Einschränkungen im Alltag. Dennoch ist es entscheidend, dass die Mitgliedstaaten ein hohes Maß an Wachsamkeit und Bereitschaft im Hinblick auf neue Ausbrüche und Varianten zeigen – die Pandemie ist noch nicht vorüber. Jetzt, wo die Versorgung mit Impfstoffen keine Herausforderung mehr ist, müssen wir mehr für den weltweiten Impfschutz tun. Was wir heute in der EU und weltweit entscheiden, wird großen Einfluss darauf haben, wie sich Corona in den kommenden Jahren auf unser Leben auswirken wird.“
Die akute Covid-19-Phase läuft aus, doch wir müssen wachsam bleiben
Das derzeit niedrigere Niveau der Corona-Infektionen bietet den Mitgliedstaaten die Chance, ihre Überwachung, die Gesundheitssysteme und die Pandemievorsorge insgesamt zu stärken. Im Einzelnen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf,
- mehr zu impfen und zu boostern und dabei das gleichzeitige Auftreten von COVID-19 und der saisonalen Grippe zu berücksichtigen;
- integrierte Überwachungssysteme einzurichten, die nicht mehr auf der Ermittlung und Meldung sämtlicher Corona-Fälle, sondern auf verlässlichen und repräsentativen Schätzungen beruhen;
- eine ausreichende Anzahl von Proben weiter gezielt zu testen und zu sequenzieren, um die Zirkulation von Varianten genau abschätzen zu können und neue Varianten zu erkennen;
- in die Erholung der Gesundheitssysteme zu investieren und eine Abschätzung der weiter reichenden Auswirkungen der Pandemie vorzunehmen, wie jene auf die psychische Gesundheit sowie Verzögerungen bei Behandlungen und Versorgung;
- koordinierte EU-weite Regeln für einen freien und sicheren Reiseverkehr sowohl innerhalb der Union als auch mít internationalen Partnern umzusetzen;
- die Entwicklung der nächsten Generation von Impfstoffen und Therapeutika zu unterstützen;
- die Zusammenarbeit gegen die Fehl- und Desinformation über Corona-Impfstoffe zu intensivieren;
- weiterhin globale Solidarität zu zeigen und die globale Ordnungspolitik zu verbessern.
Darüber hinaus kündigt die Kommission Maßnahmen zur Sicherstellung belastbarer Lieferketten während der Pandemie sowohl für die medizinischen Gegenmaßnahmen als auch für wichtige Erzeugnisse in allen industriellen Ökosystemen an. Sie wird heute außerdem ein Ausschreibungsverfahren im Rahmen der EU-FAB-Initiative einleiten, um Kapazitäten für die Herstellung von mRNA-, Protein- und Vektorimpfstoffen zu reservieren. Damit werden neu geschaffene Herstellungskapazitäten für künftige gesundheitliche Notlagen freigehalten. Die Ausschreibung wendet sich an Impfstoffhersteller mit Anlagen in der EU oder im EWR, die ihren Teilnahmeantrag bis zum 3. Juni 2022 um 16 Uhr MESZ einreichen können.
Zu den mittel- und langfristigen Maßnahmen gehören die Stärkung der Pandemievorsorge und die verbesserte Abstimmung der Krisenreaktion unter den Mitgliedstaaten und auf globaler Ebene, die Umsetzung der Vorschläge zu einer Europäischen Gesundheitsunion, die Bewältigung der weiter reichenden gesundheitlichen Auswirkungen der Pandemie wie „Long COVID“ oder psychischer Belastungen und die Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Hintergrund
Während Europa schwankende Fallzahlen verzeichnet, führen Zunahmen dank der Impfungen nicht zwangsläufig zu schweren Verläufen oder zum Tod, wie das vorher der Fall war. Die inzwischen dominierende Omikron-Variante ist weniger schwerwiegend als frühere Formen des Virus. Dennoch gibt es weltweit auch weiterhin Millionen Infizierte. In Teilen der Welt sind viele Menschen im Lockdown, und viele leiden oder sterben an Corona. Nachlassender Immunschutz gegen die Infektion und ein möglicher saisonaler Ausbruch im Winter verstärken das Risiko des Aufkommens und der Verbreitung neuer Varianten von SARS-CoV-2, dem Virus, das COVID-19 auslöst.
Während die Mitgliedstaaten mit neuen Ansätzen gegen die laufende Pandemie vorgehen, drohen fragmentierte Vorbeuge- und Reaktionsstrategien den bisherigen Nutzen aus der EU-weiten Abstimmung der Gesundheitsschutzmaßnahmen zu unterlaufen.
Daher wird in dieser Mitteilung ein Ansatz für das Vorgehen in dieser neuen Phase der Pandemie vorgeschlagen, die auf der erfolgreichen EU-weiten Abstimmung für die Vorsorge und die Reaktion im Gesundheitsbereich aufbaut.
Die EU-FAB-Initiative wurde im Februar 2021 gestartet, um stets betriebsbereite Produktionsanlagen für Impfstoffe einzurichten und dafür zu sorgen, dass die Produktionskapazitäten für mRNA-, Protein- und Vektorimpfstoffe in der EU und im EWR für künftige Gesundheitskrisen aufrechterhalten bleiben. Zur Gründung von EU-FAB wird auf Tender Electronic Daily, einer Beilage zum EU-Amtsblatt, eine Ausschreibung veröffentlicht.
EU-Kommission / 27.04.2022
Foto: EU-Kommission