Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) setzt die Bundesnetzagentur vorübergehend als Treuhänderin für die Gazprom Germania Gruppe ein. Die entsprechende Anordnung wird heute im Bundesanzeiger veröffentlicht. Hintergrund der Entscheidung sind unter anderem unklare Rechtsverhältnisse sowie der Verstoß gegen die Meldepflicht im Rahmen der Außenwirtschaftsverordnung. Die Gazprom Germania GmbH betreibt in Deutschland kritische Infrastruktur und hat damit eine herausragende Bedeutung für die Gasversorgung.
Bundesminister Robert Habeck erklärte dazu. „Die Anordnung der Treuhandverwaltung dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Dieser Schritt ist zwingend notwendig. Die Versorgungssicherheit ist aktuell gewährleistet.“
Die Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur wird auf Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes bis zum 30. September 2022 angeordnet. Dies betrifft sämtliche Stimmrechte aus Geschäftsanteilen an der Gazprom Germania GmbH. Die Wahrnehmung der Stimmrechte der Gesellschafter der Gazprom Germania GmbH wird ausgeschlossen. Die Stimmrechte aus den Geschäftsanteilen an der Gazprom Germania GmbH gehen auf die BNetzA über. Die BNetzA ist insbesondere berechtigt, Mitglieder der Geschäftsführung abzuberufen und neu zu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen zu erteilen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf das Vermögen der Gazprom Germania GmbH wird beschränkt und steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesnetzagentur.
Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) war der mittelbare Erwerb der Gazprom Germania GmbH durch JSC Palmary (Russland) und Gazprom export business services LLC (GPEBS, Russland) zur Kenntnis gelangt. Da die Gazprom Germania GmbH kritische Infrastruktur betreibt, muss jeder Erwerb durch einen Nicht-EU-Investor vom BMWK genehmigt werden. Unklar ist, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter den beiden genannten Unternehmen steht. Zudem hat der Erwerber die Liquidierung der Gazprom Germania angeordnet, was, so lange der Erwerb nicht genehmigt ist, nicht rechtmäßig ist.
Das BMWK hat die Genehmigung zum Erwerb nicht erteilt. Somit ist jede damit verbundene Rechtshandlung und auch der Erwerb als solcher schwebend unwirksam (§ 15 Abs. 3 AWG). Die Palmary ist damit nicht neue mittelbare Eigentümerin der Gazprom Germania GbmH. Das BMWK führt ein Investitionsprüfungsverfahren und setzt die Bundesnetzagentur (BNetzA) für eine Übergangszeit als Treuhänderin ein. So ist sichergestellt, dass das Prüfrecht effektiv ausgeübt werden kann und keine vollendeten, gesetzeswidrigen Fakten geschaffen werden.
Bundesminister Robert Habeck betonte: „Die Bundesregierung tut das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Dazu zählt auch, dass wir Energieinfrastrukturen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls aussetzen. Die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Geschäfte in Deutschland muss gesichert sein. Das ist auch wichtig, damit die Versorgung in europäischen Partnerländern funktioniert. Die unklaren Rechtsverhältnisse, Verstöße gegen die Meldepflicht und die Ankündigung der Liquidierung der Gazprom Germania zwingen die Bundesregierung nun zu diesem Schritt. Wir haben die Genehmigung für den Erwerb nicht erteilt. Stattdessen übernimmt die Bundesnetzagentur als Treuhänderin die Funktion einer Gesellschafterin. Sie kann alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um weiter die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“
Gazprom Germania fungierte bisher als Holding für Aktivitäten von Gazprom in Deutschland und anderen europäischen Ländern, insbesondere auch beim Betrieb von kritischer Infrastruktur. Dazu zählen der Energiehandel sowie der Gastransport und Betrieb von Gasspeichern. Daher ist die Einsetzung eines Treuhänders erforderlich, um die Geschäfte fortzuführen und so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Zur Versorgungssicherheit gibt die Bundesnetzagentur einen täglichen Lagebericht heraus.