In einer Mittwoch Mitteilung gibt die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten Leitlinien für die Haushaltspolitik im Jahr 2023 an die Hand. Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, sagte: „In den letzten Jahren haben wir unsere wirtschaftliche Resilienz bereits gestärkt, und wir müssen nun auf Kurs bleiben, unsere Einheit wahren und für eine starke Koordinierung unserer Haushaltspolitik sorgen. Dies ist der Schlüssel, um im heutigen instabilen geopolitischen Umfeld einen stabilen und nachhaltigen Wachstumspfad aufrechtzuerhalten.“
Die Kommission stellt mit den Leitlinien ihre zentralen Grundsätze für die Bewertung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten vor. Darüber hinaus wird ein Überblick über den Stand der Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung gegeben.
Exekutiv-Vizepräsident Dombrovskis sagte weiter: „Dies ist eine schwierige Zeit für die europäische Wirtschaft und unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach einer entschlossenen Reaktion der EU auf die Pandemie sehen wir uns nun angesichts der barbarischen Aggression Russlands in der Ukraine und bestehender Herausforderungen wie Inflation und hohe Energiepreise mit einer neuen Unsicherheit konfrontiert. Unsere Sanktionen werden unweigerlich negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Dies ist jedoch ein Preis, den es sich zu zahlen lohnt, um Demokratie und Frieden zu verteidigen.“
Die Mitteilung wird vor dem Hintergrund der grundlosen und ungerechtfertigten Invasion Russlands in die Ukraine vorgelegt. In Solidarität mit der Ukraine hat die EU ein beispielloses Paket von Wirtschaftssanktionen verabschiedet, das schwerwiegende Auswirkungen auf die russische Wirtschaft und die politische Elite haben wird. Die Winterprognose 2022 wurde am 10. Februar, also zwei Wochen vor der Invasion der Ukraine, veröffentlicht. Diese Entwicklung wirkt sich negativ auf die Wachstumsaussichten aus und verstärkt die Abwärtsrisiken weiter. Zudem macht dies deutlich, wie wichtig eine enge Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik ist, und dass haushaltspolitische Maßnahmen angepasst werden müssen, um auf sich rasch verändernde Umstände zu reagieren. Die Leitlinien werden bei Bedarf der wirtschaftlichen Entwicklung angepasst.
Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte: „Wir stehen vereint angesichts des brutalen Angriffs Russlands auf die Ukraine und auf alle uns wichtigen Werte. Unsere gemeinsame politische Reaktion hat es unseren Volkswirtschaften ermöglicht, den durch die Pandemie verursachten Sturm zu überstehen, und diese neue Krise erfordert eine ähnlich starke Koordinierung unserer wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Entscheidungen. Die Leitlinien, die wir heute vorstellen, beruhen auf unserem derzeitigen Erkenntnisstand, d. h. auf der Analyse, die unserer Winterprognose zugrunde liegt, mit dem Vorbehalt, dass es viele Aspekte gibt, zu denen uns heute keine Informationen vorliegen. Da die Unsicherheit und die Risiken deutlich zugenommen haben, wird es notwendig sein, unsere Leitlinien bei Bedarf, und spätestens im Frühjahr, zu aktualisieren.“
Leitlinien für die weitere Koordinierung der Haushaltspolitik:
In der Mitteilung werden fünf zentrale Grundsätze dargelegt und Folgerungen für haushaltspolitische Empfehlungen gezogen, die die Kommission den Mitgliedstaaten im Mai 2022 für ihre Haushaltspläne im Jahr 2023 vorschlagen wird. Die Grundsätze sind:
- Koordinierung der Politik und konsistenten Policy-Mix gewährleisten;
- Schuldentragfähigkeit durch eine schrittweise und qualitativ hochwertige Haushaltsanpassung und durch Wirtschaftswachstum gewährleisten;
- Investitionen und nachhaltiges Wachstum fördern;
- haushaltspolitische Strategien fördern, die im Einklang mit einem mittelfristigen Ansatz für Haushaltsanpassungen stehen, wobei die Aufbau- und Resilienzfazilität berücksichtigt wird; und
- haushaltspolitische Strategien differenziert gestalten und die Dimension des Euro-Währungsgebiets berücksichtigen.
Die koordinierte fiskalpolitische Antwort der Mitgliedstaaten auf den COVID-19-bedingten schweren Wirtschaftsabschwung, die durch die Auslösung der allgemeinen Ausweichklausel erleichtert und durch Maßnahmen auf EU-Ebene flankiert wurde, war sehr erfolgreich. Eine starke haushaltspolitische Koordinierung bleibt im aktuellen instabilen Umfeld von zentraler Bedeutung, um einen sanften Übergang zu einem neuen nachhaltigen Wachstumspfad und tragfähigen öffentlichen Finanzen sicherzustellen. Ausgehend von der Winterprognose 2022 hält die Kommission einen Übergang von einem insgesamt stützenden haushaltspolitischen Kurs in den Jahren 2020-2022 zu einem insgesamt weitgehend neutralen haushaltspolitischen Kurs im Jahr 2023 für angemessen, steht aber gleichzeitig auch bereit, auf die sich weiterentwickelnde Wirtschaftslage zu reagieren.
Die notwendige fiskalpolitische Antwort auf die COVID-19-Pandemie und der Rückgang der Produktion haben zu einem erheblichen Anstieg der öffentlichen Schuldenquoten geführt, insbesondere in einigen hoch verschuldeten Mitgliedstaaten, auch wenn sich die Schuldendienstkosten nicht erhöht haben. Um die Schuldentragfähigkeit zu bewahren, braucht es eine über mehrere Jahre angelegte Haushaltsanpassung, die mit Investitionen und Reformen zur Stützung des Wachstumspotenzials kombiniert wird. Die Kommission hält es für ratsam, ab 2023 mit einer schrittweisen Haushaltsanpassung zum Abbau hoher öffentlicher Schulden zu beginnen, während sich eine allzu abrupte Konsolidierung negativ auf das Wachstum und damit auch die Schuldentragfähigkeit auswirken könnte.
Die Neuausrichtung der EU-Volkswirtschaften auf ein höheres nachhaltiges Wachstum und die Bewältigung der Herausforderungen des ökologischen und digitalen Wandels sollten in allen Mitgliedstaaten ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Wenngleich aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, dem Herzstück von NextGenerationEU, bis zu 723,8 Mrd. Euro an zusätzlichen Finanzmitteln bereitgestellt werden können, um den ökologischen und digitalen Wandel zu gewährleisten, ist die Kommission der Auffassung, dass auf nationaler Ebene finanzierte qualitativ hochwertige öffentliche Investitionen gefördert und in mittelfristigen Haushaltsplänen geschützt werden sollten.
In den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen sollte aufgezeigt werden, wie die mittelfristigen Haushaltspläne der Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Staatsverschuldung allmählich auf ein vertretbares Niveau zurückgeführt und nachhaltiges Wachstum durch eine schrittweise Konsolidierung, Investitionen und Reformen sichergestellt wird.
Die nationalen haushaltspolitischen Strategien sollten angemessen differenziert werden:
- hoch verschuldete Mitgliedstaaten sollten mit einem schrittweisen Schuldenabbau beginnen, indem sie 2023 eine Haushaltsanpassung erreichen, und zwar ohne Beiträge aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen EU-Finanzhilfen;
- Mitgliedstaaten mit niedrigem und mittlerem Schuldenstand sollten die notwendigen Investitionen in den ökologischen und digitalen Wandel verstärken, um einen insgesamt neutralen politischen Kurs zu erreichen.
EU-Kommission / 02.03.2022
Foto: EU-Kommission