Die Europäische Kommission hat Dienstag eine Konsultation zur Ausweitung des zentralen Clearings in der EU gestartet. Zugleich wurde die Möglichkeit des gleichwertigen Clearings im Vereinigten Königreich wie angekündigt bis zum 30. Juni 2025 verlängert. Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness sagte: „Die Gewährleistung der Finanzstabilität und die Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion haben für uns höchste Priorität. Zentrale Gegenparteien spielen bei der Risikominderung im Finanzsystem eine wichtige Rolle.“
McGuinness sagte weiter: „Aus diesem Grund plant die Kommission Maßnahmen, die unsere übermäßige Abhängigkeit von systemrelevanten Drittland-CCPs verringern, die Attraktivität von CCPs aus der EU erhöhen und zugleich deren Beaufsichtigung verbessern sollen. Wir rufen alle maßgeblichen Interessenträger auf, sich an der heute eigeleiteten Konsultation zu beteiligen.“
In der öffentlichen Konsultation soll sondiert werden, wie das zentrale Clearing in der EU ausgeweitet und die Attraktivität zentraler Gegenparteien aus der EU („EU-CCPs“) erhöht werden kann. Dies soll die übermäßige Inanspruchnahme systemrelevanter CCPs aus Drittstaaten durch die EU verringern. Ein weiteres Ziel dieser Konsultation besteht darin, die Standpunkte der Interessenträger zu Änderungen bei den Aufsichtsregelungen für CCPs aus der EU einzuholen. Attraktivere und besser beaufsichtigte EU-CCPs werden den Nutzen des Binnenmarkts für die EU-Finanzmarktteilnehmer und EU-Unternehmen erhöhen. Im zweiten Halbjahr 2022 will die Kommission Maßnahmen zur Entwicklung des zentralen Clearings in der EU vorschlagen.
Hintergrund
Zentrale Gegenparteien mindern Systemrisiken und erhöhen die Finanzstabilität, indem sie bei Derivatekontrakten zwischen die beiden Gegenparteien treten (d. h. gegenüber dem Verkäufer als Käufer und gegenüber dem Käufer als Verkäufer agieren). Hauptzweck einer CCP ist die Steuerung der Risiken, die sich bei Ausfall einer der Gegenparteien ergeben können. Für die Finanzstabilität spielt das zentrale Clearing eine entscheidende Rolle, da es Kreditrisiken für Finanzunternehmen mindert, die Ansteckungsgefahr im Finanzsektor verringert und die Markttransparenz erhöht.
Langfristig könnte die hohe Abhängigkeit des Finanzsystems der EU von Dienstleistungen, die im Vereinigten Königreich ansässige CCPs erbringen, erhebliche Probleme im Hinblick auf die Finanzstabilität aufwerfen.
Im September 2020 nahm die Kommission einen bis zum 30. Juni 2022 befristeten Gleichwertigkeitsbeschluss für im Vereinigten Königreich ansässige CCPs an, um mögliche Risiken für die Finanzstabilität zu vermeiden. Darin wurden die Marktteilnehmer dringend aufgefordert, ihre Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien des Vereinigten Königreich proaktiv zu verringern.
Im Laufe des Jahres 2021 richtete die Kommission (gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank, den Europäischen Aufsichtsbehörden und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken) eine Arbeitsgruppe ein, die die Chancen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Derivaten aus dem Vereinigten Königreich in die EU untersuchen sollte. Die Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, dass eine Kombination verschiedener Maßnahmen nötig sei, um die Attraktivität des Clearings zu steigern, den Ausbau von Infrastrukturen zu fördern und Aufsichtsregelungen zu reformieren und auf diese Weise in den kommenden Jahren starke, attraktive Kapazitäten für das zentrale Clearing in der EU zu schaffen. Der hierfür gesetzte, im Juni 2022 endende Zeitrahmen wurde als nicht ausreichend angesehen, was den heutigen Verlängerungsbeschluss erforderlich machte.
Am 10. November 2021 hatte Kommissarin McGuinness angekündigt, die Kommission werde eine Verlängerung vorschlagen.
EU-Kommission / 08.02.2022
Foto: EU-Kommission