Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) sind weltweit eine der Hauptursachen für die akute virale Leberentzündung (Hepatitis). Ein internationales Expertenteam unter Leitung des Paul-Ehrlich-Instituts ist der Frage nachgegangen, wie zuverlässig HEV-Referenzlabore in Europa und Nordamerika die molekulare Typisierung von HEV vornehmen können. 25 Labore nahmen an der Studie teil. Dabei wurden 93 % der Proben dem richtigen Genotyp und 81 % dem richtigen Subtyp zugeordnet. Gleichzeitig wurden Lücken bzw. Mängel in einzelnen Laboren sowie Ansatzpunkte für Methodenoptimierungen identifiziert. Über die Ergebnisse berichtet Clinical Chemistry in seiner Onlineausgabe vom 30.12.2021.
Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) sind weltweit eine der Hauptursachen für eine akute, durch Viren verursachte Hepatitis (Leberentzündung). HEV gehört zu der Virus-Familie der Hepeviridae, Gattung Orthohepeviren (Spezies A-D), die viele verschiedene Wirte infizieren können, darunter Säugetiere inklusive Mensch, Vögel und auch Fische. Die überwiegende Mehrheit der Fälle von Hepatitis E beim Menschen wird durch Stämme der Spezies A verursacht, die wiederum acht Genotypen und 36 Subtypen umfasst. Die Subtypen sind vielfältig und werden immer wieder aktualisiert, wenn neue Subtypen identifiziert werden. Die zwei Genotypen 1 und 2 infizieren nur den Menschen, werden über den fäkal-oralen Weg verbreitet und stellen für Schwangere ein besonderes Risiko dar, spielen allerdings in Europa keine Rolle. Im Gegensatz dazu sind die HEV-Genotypen 3 und 4 bei Tierarten wie Schweinen und Wildschweinen endemisch und können zoonotische Infektionen beim Menschen hauptsächlich durch den Verzehr von kontaminiertem Fleisch, Fleisch- und Wurstprodukten verursachen. HEV vom Genotyp 3, dem Hauptverursacher von Hepatitis E-Infektionen in Europa, ist auf molekularer Ebene besonders vielfältig.
Die Folgen einer HEV-Infektion können für Personen mit einer zugrundeliegenden Lebererkrankung besonders schwerwiegend sein. Die chronische Infektion mit HEV ist ein Problem insbesondere für Personen mit eingeschränktem Immunsystem (Immunsuppression), die fast ausschließlich durch den HEV-Genotyp 3 verursacht wird.
Die Hepatitis-E-Arbeitsgruppe des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) hat einen Rahmen für die Hepatitis-E-Überwachung in der Europäischen Union/im Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR) entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Epidemiologie – also der Erforschung der Entstehung, Verbreitung, Auswirkung und Bekämpfung der akuten und chronischen Infektionen. Um die verschiedenen HEV-Subtypen und ihre Bedeutung beim Infektions- und Krankheitsgeschehen untersuchen und überwachen zu können, ist die eindeutige Identifikation der an Hepatitis-E-Infektionen beteiligten HEV-Subtypen erforderlich.
Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts haben unter Federführung von Dr. Sally Baylis und Dr. Liam Childs, zusammen mit dem ECDC unter Leitung von Dr. Cornelia Adlhoch, eine Studie initiiert, in der die Verlässlichkeit der Hepatitis-E-Typisierung durch unterschiedliche Labore in verschiedenen Ländern untersucht wird. Die vom Paul-Ehrlich-Institut koordinierte Studie wurde mit Expertinnen und Experten des ECDC sowie der HEV-Arbeitsgruppe und des HEVnet, eines globalen Netzwerkes von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Hepatitis-E-Referenzlaboren, durchgeführt. Das Ziel war es, die Gesamtleistung der molekularen Typisierung von HEV-Stämmen zu bewerten. An der Studie konnten HEV-Referenzlabore u.a. aus EU/EWR-Mitgliedstaaten und HEVnet teilnehmen. Es beteiligten sich insgesamt 25 Labore.
Das Ergebnis: Es wurden 93 % der Proben dem richtigen Genotyp und 81 % dem richtigen Subtyp zugeordnet. In einigen Fällen wurden jedoch auch falsche Genotypen/Subtypen gemeldet. Insgesamt wiesen die Daten auf Kontaminationsprobleme hin. In dieser ersten praktischen Studie zur Bewertung der Leistung verschiedener HEV-Sequenzierungsmethoden haben die Referenzlabore insgesamt gut abgeschnitten. Es wurden jedoch auch Lücken bzw. methodische Mängel – beispielsweise im Hinblick auf die Kontaminationskontrolle – festgestellt, die von den einzelnen Laboren genutzt werden können, um den Leistungsstandard zu verbessern.
Die weitere Harmonisierung und Optimierung der Methoden ist wichtig, um die Bemühungen zur Überwachung von importierten und endemischen HEV-Stämmen zu verbessern.
Foto: Paul-Ehrlich-Institut