Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden haben Donnerstag die Ergebnisse eines EU-weiten Website-Screenings von Online-Kundenbewertungen („Sweep“) veröffentlicht. Fast zwei Drittel der analysierten Online-Shops, Marktplätze, Buchungswebsites, Suchmaschinen und Preisvergleichsdienste ließen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Bewertungen aufkommen. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher verlassen sich bei Einkäufen oder Buchungen im Internet sehr häufig auf Online-Bewertungen. Ich möchte nicht, dass sie getäuscht werden, sondern dass sie in einem vertrauenswürdigen Umfeld interagieren können“, erklärte EU-Justizkommissar Didier Reynders. „Insbesondere müssen Online-Unternehmen ihren Kunden klare und erkennbare Informationen über die Zuverlässigkeit solcher Bewertungen zur Verfügung stellen. Die heutigen Ergebnisse sind ein klarer Aufruf zum Handeln. Wir werden dafür sorgen, dass das EU-Recht eingehalten wird.“
Unter der Koordinierung der Kommission wurden 223 wichtige Websites durch Behörden von 26 Mitgliedstaaten, Island und Norwegen auf irreführende Kundenbewertungen hin überprüft. Bei 144 der 223 überprüften Websites konnten die Behörden nicht bestätigen, dass diese Händler mit ausreichenden Maßnahmen die Authentizität der Bewertungen sicherstellen (d. h. dass sie von Verbrauchern eingestellt wurden, die das Produkt oder die Dienstleistung, das bzw. die sie bewerten, tatsächlich genutzt haben).
Weitere Ergebnisse des Website-Screenings von Online-Bewertungen:
- 104 der 223 untersuchten Websites informieren die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht darüber, wie Bewertungen gesammelt und verarbeitet werden. Nur 84 Websites machen diese Informationen auf der Bewertungsseite selbst zugänglich, während die übrigen diese Informationen in „Kleindruck“, z. B. in ihren Geschäftsbedingungen, erwähnen.
- 118 Websites enthielten keine Informationen darüber, wie gefälschte Bewertungen verhindert werden. In diesen Fällen haben die Kunden keine Möglichkeit zu überprüfen, ob Bewertungen von Verbrauchern verfasst wurden, die das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich genutzt haben.
- In 176 Websites wird nicht erwähnt, dass Anreize für Bewertungen (z. B. finanzieller Art) aufgrund interner Regelungen verboten sind oder wie andernfalls sichergestellt wird, dass Bewertungen entsprechend gekennzeichnet werden.
Die Verbraucherschutzbehörden kamen zu dem Schluss, dass mindestens 55 Prozent der überprüften Websites möglicherweise gegen die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken verstoßen, gemäß der den Verbraucherinnen und Verbrauchern wahrheitsgemäße Informationen vorgelegt werden müssen, damit sie eine fundierte Wahl treffen können. Die Behörden hatten auch Zweifel bei weiteren 18 Prozent.
Nächste Schritte
Die nationalen Behörden werden sich mit den betreffenden Händlern in Verbindung setzen, damit diese ihre Websites korrigieren, und erforderlichenfalls nationale Durchsetzungsmaßnahmen einleiten. Die Kommission wird in dieser wichtigen Frage weiterhin mit dem CPC-Netz zusammenarbeiten und die nationalen Behörden bei ihren Durchsetzungsmaßnahmen unterstützen.
Hintergrund
Beim Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC) handelt es sich um den Zusammenschluss von Behörden, die für die Durchsetzung der EU-Verbraucherschutzvorschriften zuständig sind. Damit die Behörden grenzüberschreitend operieren können, werden ihre Maßnahmen auf EU-Ebene koordiniert. Sweeps werden von ihnen jährlich anhand einer Reihe gemeinsamer Kriterien durchgeführt, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet werden.
Wie aus der Markterhebung 2020 hervorgeht, verlassen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher bei Kaufentscheidungen oft auf Bewertungen. So halten 71 Prozent von ihnen Bewertungen bei der Wahl von Ferienunterkünften für wichtig. Im Jahr 2021 beschlossen die Behörden, diesen Sweep zu irreführenden Praktiken im Zusammenhang mit Online-Bewertungen durchzuführen.
Irreführende Praktiken in Bezug auf Verbraucherbewertungen fallen unter die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, insbesondere unter Artikel 6 und 7. Eine Präzisierung dieser Rechtsvorschriften erfolgte kürzlich durch die Richtlinie über bessere Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften (Richtlinie (EU) 2019/2161), die ab dem 28. Mai 2022 gelten wird. Um die Durchsetzung zu erleichtern, ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Verkauf, der Kauf und die Vorlage falscher Verbraucherbewertungen zur Bewerbung von Produkten verboten sind. Darüber hinaus besteht nun eine klare Verpflichtung, die Verbraucherinnen und Verbraucher über den Umgang mit Bewertungen zu informieren.
EU-Kommission / 20.01.2022
Foto: EU-Kommission