Die Schlichtungsstelle BGG ist am 3. Dezember 2016 für Menschen mit Behinderungen geschaffen worden. Für die gehörlose Frau, der bei einem Gespräch in einer Behörde der Dolmetscher für Gebärdensprache verweigert wird. Für den jungen Mann, der auf Leichte Sprache angewiesen ist, aber auf den Webseiten der Bundesregierung vergeblich nach verständlichen Corona-Informationen sucht. Oder für die Rollstuhlfahrerin, die mit ihrem Mann auf einem Bahnhof vor einem defekten Aufzug steht, während oben der Zug zu ihrem Urlaubsziel abfährt.
Seit fünf Jahren können sich Menschen mit Behinderungen bei solchen Konflikten an die Schlichtungsstelle BGG wenden. Sie ist für die Schlichtung von Konflikten zur Barrierefreiheit und bei Benachteiligung durch Bundesbehörden zuständig. Auch wenn zum Beispiel durch überlange Verfahrenszeiten Benachteiligungen entstehen oder barrierefreie Informationen auf den Webseiten von Bundesbehörden fehlen, können sich sowohl Einzelpersonen als auch Verbände von Menschen mit Behinderungen an die Schlichtungsstelle wenden, um eine gütliche Einigung zu finden.
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, gratuliert der Schlichtungsstelle BGG zu ihrem Geburtstag und der erfolgreichen Arbeit der letzten fünf Jahre: „In manchen Amtsstuben fühlen sich Menschen mit Behinderungen leider immer noch eher als Bittsteller denn als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger. Deswegen ist die Arbeit der Schlichtungsstelle BGG so wichtig: Sie bietet in vielen Fällen die Möglichkeit, in Konflikten konkret zu helfen und außergerichtlich zu einer Einigung zu kommen. Das ist ein Beitrag zum Rechtsfrieden und letztendlich auch zum sozialen Frieden“, so der Beauftragte. „Ich freue mich auch, dass der Kompetenzbereich der Schlichtungsstelle BGG zunehmend auch auf den privaten Sektor ausgeweitet wird. Diese Regelung ist im Sommer im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verankert worden. Eine sinnvolle und konsequente Entscheidung.“
Die Arbeit der Schlichtungsstelle wird immer auch von aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen bestimmt. 2020 waren es die Folgen der Corona-Pandemie für Menschen mit Behinderungen. In mehreren Verfahren gegen Bundesbehörden ging es um aktuelle, barrierefreie Online-Informationen von Behörden zum Beispiel für Menschen mit Hörbehinderungen. Die Bundesbehörden zeigten große Offenheit für die Anliegen der hörbehinderten Menschen und kamen im Schlichtungsverfahren der Mehrzahl der Forderungen nach.
Insgesamt wurde die Schlichtungsstelle im Jahr 2020 183 Mal in Anspruch genommen. Die Themenfelder umfassen das „Benachteiligungsverbot“ (70%), die „Rechte auf Gebärdensprache und andere Kommunikation“ (14%), den Bereich „physische Barrierefreiheit“ (6%), „barrierefreie Informationstechnik“ (4%), „Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken“ (3%) und „verständliche/Leichte Sprache“ (3%).
Die Aufgaben der Schlichtungsstelle sind vom Gesetzgeber mehrfach ausgeweitet worden. Zuständig ist die Schlichtungsstelle
- seit 2018 wenn es um Barrierefreiheit in der Informationstechnik einer öffentlichen Stelle des Bundes geht und
- seit 2021 wenn Menschen mit ihrem Assistenzhund der Zugang zu öffentlichen und privaten Anlagen und Einrichtungen mit Publikumsverkehr verwehrt wird (Teilhabestärkungsgesetz).
- Ab dem Jahr 2025 wird sie noch mehr Kompetenzen im privaten Sektor erhalten.
Derzeit sind drei Schlichtende für die unparteiische und faire Verfahrensführung verantwortlich. Dabei konnte in den vergangenen fünf Jahren in deutlich mehr als der Hälfte der Schlichtungsverfahren eine gütliche Einigung erzielt werden – bei einer stetig steigenden Zahl von Anträgen.
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen / 02.12.2021