Gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten ist in den vergangenen Jahren bewusst und gezielt wirtschaftlicher Druck angewandt worden, um eine Änderung der EU-Politik in Bereichen wie Klimawandel, Steuern oder Lebensmittelsicherheit zu bewirken. Um sich dagegen besser zur Wehr zu setzen, hat die EU-Kommission Mittwoch ein neues Instrument gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen von Drittländern vorgeschlagen.
„In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen wird der Handel mehr und mehr als Waffe eingesetzt, und die EU und ihre Mitgliedstaaten werden zur Zielscheibe wirtschaftlicher Einschüchterung. Wir brauchen die richtigen Instrumente, um darauf reagieren zu können. Mit diesem Vorschlag senden wir die klare Botschaft, dass die EU ihre Interessen entschlossen verteidigen wird“, so Exekutiv-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. „Das Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen soll vor allem abschreckend wirken. Aber wir haben jetzt auch mehr Möglichkeiten, wenn wir uns gezwungen sehen zu handeln. Mit diesem Instrument können wir auf die geopolitischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte reagieren und dafür sorgen, dass Europa stark und handlungsfähig bleibt.“
Ziel ist es, Länder davon abzuhalten, Handel oder Investitionen einzuschränken oder mit solchen Einschränkungen zu drohen, um eine Änderung der EU-Politik in Bereichen wie Klimawandel, Steuern oder Lebensmittelsicherheit zu bewirken.
Das Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen soll in einem ersten Schritt durch Dialog eine Deeskalation und die Rücknahme konkreter Zwangsmaßnahmen bewirken. Gegenmaßnahmen der EU würden nur als letztes Mittel angewandt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, gegen wirtschaftliche Einschüchterung, die viele Formen annehmen kann, vorzugehen. Dabei kann es sich um explizite Zwangsmaßnahmen und handelspolitische Schutzinstrumente handeln, die andere Länder gegen die EU einsetzen, um selektive Grenz- oder Lebensmittelsicherheitskontrollen von Waren aus einem bestimmten EU-Land oder um einen Boykott von Waren mit bestimmtem Ursprung. Mit dem Instrument soll das legitime Recht der EU und der Mitgliedstaaten gewahrt werden, politische Entscheidungen zu treffen, und es sollen schwerwiegende Eingriffe in die Souveränität der EU oder ihrer Mitgliedstaaten verhindert werden.
Mit diesem neuen Instrument kann die EU gegen wirtschaftlichen Zwang strukturiert und einheitlich vorgehen. Ein spezieller Rechtsrahmen sorgt für Berechenbarkeit und Transparenz und unterstreicht, dass die EU auch auf internationaler Ebene regelbasiert vorgeht.
Die EU wird sich direkt an das betreffende Land richten, um der wirtschaftlichen Einschüchterung ein Ende zu setzen. Wenn dies nicht sofort zum Erfolg führt, kann die EU dank des neuen Instruments, das für jede Situation eine maßgeschneiderte und verhältnismäßige Reaktion bietet, rasch und wirksam reagieren. So können Zölle eingeführt und Einfuhren aus dem betreffenden Land begrenzt, Beschränkungen bei Dienstleistungen oder Investitionen eingeführt oder Maßnahmen zur Beschränkung des Zugangs des Landes zum EU-Binnenmarkt beschlossen werden.
Hintergrund
Der Vorschlag der Kommission folgt auf Forderungen des Europäischen Parlaments und einer Reihe von Mitgliedstaaten. Am 2. Februar wurde hierzu eine gemeinsame Erklärung der Kommission, des Rates und des Parlaments über ein Instrument, um Zwangsmaßnahmen durch Drittländer abzuwenden und diesen entgegenzuwirken, verabschiedet. Sie wurde nach einer eingehenden öffentlichen Konsultation auf EU-Ebene (einschließlich einer Folgenabschätzung) ausgearbeitet, in deren Rahmen zahlreiche Interessenträger – insbesondere Unternehmen, Industrieverbände und Denkfabriken – auf das Problem der wirtschaftlichen Einschüchterung und wirtschaftlichen Zwangs gegen die Interessen der EU hinwiesen und ein Abschreckungsinstrument auf EU-Ebene befürworteten.
Nächste Schritte
Der Vorschlag muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt werden. Er wird im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens geprüft. Hierbei legen das Parlament und der Rat zunächst intern ihre Standpunkte fest, bevor sie mit Unterstützung der Kommission in Trilog-Gesprächen miteinander verhandeln. In den nächsten zwei Monaten können Interessenträger sowie Bürgerinnen und Bürger weitere Rückmeldungen geben, über die die Kommission dem Rat und dem Parlament Bericht erstatten wird.
EU-Kommission Vertretung Deutschland / 08.12.2021
Foto: EU-Kommission Vertretung Deutschland