Die EU-Kommission hat Donnerstag vorgeschlagen, die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eingeführten Vorschriften zur Koordinierung des freien Personenverkehrs in der EU zu aktualisieren. Dazu zählen: eine stärkere Fokussierung auf einen „personenbezogenen“ Ansatz für Reisemaßnahmen, eine Standard-Gültigkeitsdauer von neun Monaten für Impfzertifikate, die nach Abschluss der ersten Impfserie ausgestellt wurden, die Berücksichtigung von Impfungen in der Ampelkarte der EU sowie ein vereinfachtes Verfahren für eine „Notbremse“. Die Gültigkeitsdauer von neun Monaten berücksichtigt die Leitlinien des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) für die Verabreichung von Auffrischungsdosen ab dem sechsten Monat. Sie sieht einen zusätzlichen Zeitraum von drei Monaten vor, damit die nationalen Impfkampagnen entsprechend angepasst werden können und die Bürger Zugang zu den Booster-Impfungen haben.
EU-Justizkommissar Didier Reynders erklärte hierzu: „Seit Beginn der Pandemie hat sich die Kommission intensiv um Lösungen bemüht, um den sicheren freien Personenverkehr auf koordinierte Weise zu gewährleisten. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse schlagen wir eine neue Empfehlung vor, die noch vom Rat angenommen werden muss. Auf der Grundlage unseres gemeinsamen Instruments, des digitalen COVID-Zertifikats der EU, gehen wir nun zu einem personenbezogenen Ansatz über. Unser Hauptziel ist es, abweichende Maßnahmen in der EU zu vermeiden. Dies gilt auch für die Frage der Booster-Impfungen, die für die Bekämpfung des Virus unerlässlich sind. Neben anderen Maßnahmen schlagen wir vor, dass die Mitgliedstaaten sich auf eine Standard-Gültigkeitsdauer für Impfzertifikate einigen, die nach der ersten Impfserie ausgestellt werden. Eine Einigung über diesen Vorschlag wird für die kommenden Monate und den Schutz der Freizügigkeit der Bürger von entscheidender Bedeutung sein.“
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides fügte hinzu: „Das digitale COVID-Zertifikat der EU und unser koordinierte Ansatz bei den Reisemaßnahmen haben erheblich dazu beigetragen, dass wir einen sicheren Personenverkehr gewährleisten können, bei dem der Schutz der öffentlichen Gesundheit oberste Priorität hat. Mehr als 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung sind mittlerweile geimpft, aber dies reicht nicht aus. Es gibt immer noch zu viele Menschen, die nicht geschützt sind. Damit jeder möglichst sicher reisen und leben kann, müssen wir dringend deutlich höhere Impfquoten erreichen. Außerdem müssen wir unsere Immunität durch Booster-Impfungen stärken. Unter Berücksichtigung der ECDC-Leitlinien und um einerseits den Mitgliedstaaten die Anpassung ihrer Impfkampagnen und andererseits den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Booster-Impfungen zu ermöglichen, schlagen wir eine Standard-Gültigkeitsdauer für digitale COVID-Zertifikate der EU vor. Gleichzeitig müssen wir alle weiterhin nachdrücklich dazu anhalten, die Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit weiterhin einzuhalten, auch wenn uns dies viel abverlangt. Masken werden wir vorerst weiter benötigen.“
Die wichtigsten Aktualisierungen des von der Kommission vorgeschlagenen einheitlichen Rahmens für Reisemaßnahmen innerhalb der EU betreffen Folgendes:
- Fokussierung auf einen „personenbezogenen Ansatz“: Für Personen, die über ein gültiges digitales COVID-Zertifikat der EU verfügen, sollten grundsätzlich keine zusätzlichen Beschränkungen wie Test- und Quarantäneauflagen gelten, egal von welchem Ort in der EU aus sie ihre Reise antreten. Personen ohne digitales COVID-Zertifikat der EU könnte das Reisen auf der Grundlage eines Tests, der vor oder nach der Ankunft durchgeführt wird, gestattet sein.
- Standard-Gültigkeitsdauer von Impfzertifikaten: Um abweichende Ansätze und Einschränkungen zu vermeiden, schlägt die Kommission eine Standard-Gültigkeitsdauer von neun Monaten für Impfzertifikate vor, die nach Abschluss der ersten Impfserie ausgestellt wurden. Der Zeitraum von 9 Monaten berücksichtigt die Leitlinien des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) für die Verabreichung von Auffrischungsdosen ab dem sechsten Monat und sieht einen zusätzlichen Zeitraum von drei Monaten vor, um sicherzustellen, dass die nationalen Impfkampagnen angepasst werden können und die Bürger Zugang zu Auffrischungsdosen haben. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bei Reisen keine Impfzertifikate ablehnen sollten, die weniger als neun Monate nach Verabreichung der letzten Dosis der ersten Impfserie ausgestellt wurden. Die Mitgliedstaaten sollten unverzüglich alle Maßnahmen ergreifen, um den Zugang zur Impfungen für jene Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten, deren bisherige Impfzertifikate bald die 9-Monats-Frist erreichen.
- Booster-Impfungen: Bisher gibt es keine Studien, die sich ausdrücklich mit der Wirksamkeit von Auffrischungsimpfungen in Bezug auf die Übertragung von COVID-19 befassen, so dass es nicht möglich ist, eine Gültigkeitsdauerfür Auffrischungsimpfungen zu bestimmen.In Anbetracht der sich abzeichnenden Daten kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Schutz durch Auffrischungsimpfungen möglicherweise länger anhält als der Schutz durch die Erstimpfungsserie. Die Kommission wird neu entstehende wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema aufmerksam verfolgen. Auf dieser Grundlage könnte die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Gültigkeitsdauer für Impfzertifikate vorschlagen, die nach einer Booster-Impfung ausgestellt wurden.
- Anpassung der EU-Ampelkarte: Darstellung neuer Fälle in Kombination mit der Impfquote einer Region. Die Karte würde in erster Linie der Information dienen, wäre für Gebiete mit besonders niedriger Inzidenz („grün“) oder besonders hoher Inzidenz („dunkelrot“) aber auch zur Koordinierung von Maßnahmen gedacht. Für diese Gebiete würden abweichend vom personenbezogenen Ansatz spezifische Vorschriften gelten. Für Reisende aus „grünen“ Gebieten sollten keine Beschränkungen gelten. Von Reisen in „dunkelrote“ Gebiete und aus diesen Gebieten sollten angesichts der hohen Zahl von Neuinfektionen abgeraten werden, und für Personen, die weder geimpft noch genesen sind, sollten Test- und Quarantäneauflagen (mit besonderen Regelungen für Kinder unter zwölf Jahren sowie für Personen, die aus zwingenden Gründen reisen müssen) gelten.
- Ausnahmen von bestimmten Reisemaßnahmen: Ausnahmen sollten für Grenzgänger und Kinder unter 12 Jahren gelten. Ferner sollten darunter Personen fallen, die aus zwingenden Gründen reisen müssen, wobei die derzeit geltende Liste dieser Personen reduziert werden sollte, da viele von ihnen in der Zwischenzeit die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen.
- Vereinfachtes Verfahren für eine „Notbremse“: Das Notverfahren, mit dem die Verbreitung von möglichen neuen besorgniserregenden COVID-19-Varianten eingedämmt oder besonders ernsthaften Situationen begegnet werden soll, sollte vereinfacht und verbessert werden. Es würde eine Mitteilung der Mitgliedstaaten an die Kommission und den Rat sowie eine Erörterung im Rahmen der integrierten Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR) des Rates umfassen.
Damit genügend Zeit für die Umsetzung des koordinierten Ansatzes bleibt, schlägt die Kommission vor, dass diese Aktualisierungen ab dem 10. Januar 2022 gelten sollten.
Hintergrund
Am 3. September 2020 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vor, um sicherzustellen, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der Coronavirus-Pandemie auf EU-Ebene koordiniert und klar kommuniziert werden.
Am 13. Oktober 2020 verpflichteten sich die EU-Mitgliedstaaten durch die Annahme der Empfehlung des Rates, für mehr Koordinierung und einen besseren Informationsaustausch zu sorgen.
Am 1. Februar 2021 nahm der Rat eine erste Aktualisierung seiner Empfehlung an: Es wurden eine neue Farbe „dunkelrot“ für die Kartierung von Risikogebieten eingeführt und strengere Maßnahmen für Reisende aus Hochrisikogebieten festgelegt.
Am 20. Mai 2021 änderte der Rat seine Empfehlung: Vollständig geimpften Personen wurden nicht zwingend notwendige Reisen gestattet, und die Maßnahmen zur Eindämmung besorgniserregender Varianten wurden verstärkt.
Am 14. Juni 2021 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung über das digitale COVID-Zertifikat der EU. Um das digitale COVID-Zertifikat der EU bestmöglich zu nutzen, nahm der Rat am selben Tag eine zweite Aktualisierung seiner Empfehlung mit Ausnahmen von Reisebeschränkungen für vollständig geimpfte und genesene Personen an.
Seit Juni 2021 wurden bei der Einführung des digitalen COVID-Zertifikats der EU rasch Fortschritte erzielt. Am 18. Oktober 2021 veröffentlichte die Kommission den ersten Bericht über das digitale COVID-Zertifikat der EU – ein weithin verfügbares, zuverlässiges und akzeptiertes Instrument, das die Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie erleichtert.
Angesichts dieser Entwicklungen sollte das in der Empfehlung (EU) 2020/1475 des Rates dargelegte gemeinsame Konzept – wie auch vom Europäischen Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 22. Oktober 2021 gefordert – weiter angepasst werden.
Wie bereits bei der Verordnung über das digitale COVID-Zertifikat der EU hat die Kommission heute parallel einen Vorschlag angenommen, der auch Drittstaatsangehörige umfasst, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, sowie Drittstaatsangehörige, die rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist sind und sich während höchstens 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet aller Mitgliedstaaten bewegen können. Die neuesten, von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen über Reisevorschriften sind auf der Website „Re-open EU“ abrufbar.
EU-Kommission Vertretung Deutscchland / 25.11.2021
Foto: EU-Kommission Vertretung Deutscchland