Anlässlich der Sonder-Umweltministerkonferenz am 11. Oktober zum Hochwasser 2021 fordert der NABU die Länder auf, auf ökologischen Hochwasserschutz zu setzen und diesen ambitioniert voranzutreiben, um Flutkatastrophen in Zukunft besser begegnen zu können.
„Angesichts der Klimakrise brauchen wir eine Wende in der Wasserpolitik. Zwar wird der Ausbau von technischem Hochwasserschutz in besonderen Lagen und auch flankierend weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Aber wir brauchen klar einen Ansatz, der flexibel mit zu viel oder zu wenig Wasser umgehen kann – dafür kommt nur ökologische Hochwasserschutz infrage“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Diese Flexibilität ist noch dazu bei weitaus geringeren Kosten zu haben. Das ist ein klarer Vorteil gegenüber rein technischen Lösungen. Erste Programme für ökologischen Hochwasserschutz haben wir sogar schon: Das Blaue Band und das Auenschutzprogramm.“
Ein ökologischer Hochwasserschutz macht es möglich, verschiedene Ziele gleichzeitig zu erreichen: Gewässerschutz, Klimaschutz und Anpassung, Naturschutz und die Vernetzung von Naturschutzgebieten, Katastrophenvorsorge, Erholung und Lebensqualität für Anwohner und Besucher. Dabei spielt der Schutz, vor allem aber die Renaturierung von Fluss- und Auensystemen eine besondere Rolle. Dazu gehören auch Deichrückverlegungen, die Entsiegelung der Landschaft und die Erhöhung des Wasserspeichervermögens. NABU-Expertin für Gewässerpolitik Diana Nenz: „Der NABU fordert die zukünftige Bundesregierung auf, einen Renaturierungsfonds in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr einzurichten und die Ziele und Grundsätze für die Gewässerentwicklung auf Bundesebene in einem Bundesraumordnungsplan festzulegen. Zudem brauchen wir einen umgehenden Privatisierungsstopp für bundeseigene Flächen, damit diese unter anderem für den Gewässerschutz, die Wiedervernässung von Mooren und den Biotopverbund zur Verfügung stehen.“
Hintergrund
Mehr als zwei Drittel der Auen sind heute nicht mehr an Gewässer angeschlossen. Vom übrigen Drittel weisen mehr als die Hälfte einen stark veränderten Charakter auf. Wenn das Prinzip der wassersensiblen Stadt oder Schwammstadt, das heute vielerorts verwirklicht ist, konsequent in die Landschaft übertragen würde, könnte das den Wasserrückhalt in der Landschaft fördern und die Grundwasserneubildung verbessern. Davon würden Ökosysteme und die Trinkwasserversorgung profitieren. Gleichzeitig würde ein wichtiger Beitrag für die Land- und Forstwirtschaft geleistet, indem der Bodenwasserspeicher gestützt und somit der zunehmenden Austrocknung des Bodens entgegen gewirkt wird. Mit der Renaturierung von Flüssen und Auen könnten die zunehmend befürchteten Wassernutzungskonflikte erheblich gemindert werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass der Nutzen solcher Projekte um ein vielfaches höher als die Investitionen ist. Beispielhaft dafür ist das Renaturierungsvorhaben an der unteren Havel. Einen konkreten Nachweis für die Wirksamkeit von ökologischem Hochwasserschutz lieferte die Deichrückverlegung bei Lenzen beim Belastungstest durch die Hochwasserereignisse an der Elbe von 2011 und 2013. Hier konnte belegt werden, dass der Hochwasserscheitel erheblich gemindert wurde. So führte die Deichrückverlegungen zu einer Absenkung des Hochwasserscheitels um 45 Zentimeter.
NABU / 11.10.2021