Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat zum Auftakt der 15. Weltnaturkonferenz in Kunming, China, Deutschlands Prioritäten im Einsatz gegen die weltweite Naturzerstörung und das Artensterben skizziert. Ziel sei, bis 2022 eine wirksame globale Vereinbarung zu erarbeiten zum weltweiten Schutz der Natur und zur Renaturierung zerstörter Ökosysteme. Schulze leitet die deutsche Delegation bei der Konferenz, die vor allem virtuell ausgerichtet wird. Die Konferenz wird auf Grund der Corona-Pandemie in zwei Teilen ausgetragen: Auf das hochrangige Auftakttreffen in dieser Woche folgt eine Verhandlungsphase auf Expertenebene im Winter. Im April und Mai 2022 soll dann beim zweiten Teil die globale Vereinbarung für den Schutz der Natur und ihre Vielfalt beschlossen werden.
Svenja Schulze: „Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit hat unser Planet in so kurzer Zeit so viele Arten unwiederbringlich verloren. Im Schnitt verschwindet alle zehn Minuten eine Art. Der Verlust an biologischer Vielfalt hat längst auch wirtschaftlich gravierende Folgen. In dieser kritischen Lage kommt die Welt zusammen, um den Weg für eine neue globale Vereinbarung zu ebnen, die der Zerstörung der Ökosysteme und dem Artenverlust ein Stoppschild entgegensetzt. Die Weltnaturkonferenz ist die Chance für einen Neustart. Dabei reicht es nicht länger aus, einzelne Arten oder Gebiete unter Schutz zu stellen. Nach Jahrzehnten der Naturzerstörung müssen wir den Trend umkehren und ein Jahrzehnt der Renaturierung einleiten.“
Der weltweite Zustand der biologischen Vielfalt ist dramatisch: Das Artensterben ist heute um ein Vielfaches höher als im Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre. Viele Ökosysteme an Land und auf den Meeren sind verloren gegangen als Folge von Landnutzung, Umweltverschmutzung und Klimawandel. Ähnlich wie es beim Klimaschutz mit dem Pariser Klimaabkommen gelungen ist, soll die Weltnaturkonferenz im nächsten Frühjahr eine globale Vereinbarung, das sogenannte global biodiversity framework, beschließen. Der Vorsitz der Verhandlungen wird in dieser Woche offiziell an China übergeben.
Das Bundesumweltministerium verfolgt in den Verhandlungen drei Prioritäten, für die es globale Handlungsaufträge zu vereinbaren gilt: Erstens mehr und vor allem besser gemanagte Schutzgebiete. 30 Prozent der Fläche an Land und im Meer sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Das entspräche etwa einer Verdopplung der Schutzfläche an Land, einer Vervierfachung auf dem Meer. Wichtig ist dabei, dass diese Gebiete nicht nur auf dem Papier Schutz bieten. Nötig ist ein vernünftiges Management unter Einbindung der dort lebenden Bevölkerung. Dies wird Deutschland auch weiterhin mit Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern fördern. Zweitens muss die Naturverschmutzung insgesamt zurückgehen. Dabei geht es zum Beispiel um konkrete Reduktionsziele für Überdüngung, Pestizide oder Plastikmüll – nicht nur in Schutzgebieten, sondern überall. Drittens muss nach Jahrzehnten der Naturzerstörung mit der Weltnaturkonferenz weltweit ein Jahrzehnt der Wiederherstellung der Natur eingeläutet werden. Dafür sollen zerstörte Ökosysteme renaturiert werden. Für Deutschland heißt das etwa: Die Auen einst begradigter Flüsse werden renaturiert, trockengelegte Moore wiedervernässt und Fichtenforste wieder zu naturnahen Mischwäldern umgebaut.
Das Bundesumweltministerium wird in den Verhandlungen dafür eintreten, dass es für diese Anliegen ehrgeizige, messbare Ziele gibt. Damit diese Ziele nicht nur auf dem Papier stehen, sollen aus Sicht Deutschlands und der Europäischen Union auch Regeln zur Erfolgskontrolle vereinbart werden. Diese fehlen bislang noch weitgehend in den diskutierten Entwürfen. Die globalen Ziele müssen in nationale Verpflichtungen übersetzt und nach internationalen Standards überwacht und überprüft werden. In Deutschland hat das BMU mit der Einrichtung des Nationalen Monitoringzentrums zur Biodiversität in Leipzig bereits eine wichtige Voraussetzung geschaffen. Eine regelmäßige Überprüfung der global vereinbarten Ziele muss aufzeigen, wenn wir vom Pfad der Zielerreichung abweichen, und einen Mechanismus zur Beschleunigung der Umsetzungsmaßnahmen auslösen. Nötig ist ebenfalls die passende Finanzierung, die weit über die Umweltministerien hinaus erfolgen muss. Denn der Schutz unserer Lebensgrundlagen betrifft auch die Agrarpolitik, die Entwicklungspolitik, die Haushalts- und Finanzpolitik und weitere Bereiche mehr.
BMU / 11.10.2021