Zum UN-Welttag des Wohn- und Siedlungswesens („Welt-Habitat-Tag“) am kommenden Montag fordert der NABU die künftige Bundesregierung zu einem maßvollen Umgang mit Wohnflächen und einer sozial und ökologisch verträglichen Wohnungsbau auf. Ihre Aufgabe werde es sein, den Flächenverbrauch deutlich zu reduzieren, Grünflächen zu schützen sowie sozial und ökologisch verträglichen Wohnraum bereitzustellen. Außerdem gilt es, die dringend notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz bzw. der Anpassung an die Folgen der Klimakrise umzusetzen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die kommende Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen bei der Siedlungspolitik von morgen: Sie muss naturverträgliche Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung des Wohnraums finden, damit wir nicht noch mehr Äcker, Wiesen und Waldflächen verlieren. In der vergangenen Legislatur wurde das anvisierte Ziel, den Flächenfraß konsequent zu reduzieren, krachend verfehlt. Stattdessen ist in diesem Sommer der höchst umstrittene „Betonparagraph“ 13b im Baugesetzbuch um weitere zwei Jahre verlängert worden. Er ermöglicht das beschleunigte Bauen im geschützten Außenbereich – entgegen aller Studien und ohne argumentative Grundlage. Dieser maßlose und irrationale Umgang mit der kostbaren Ressource Boden führt zum Verlust des Bodens als Kohlenstoffspeicher, Lebensraum und Lebensmittelproduzent. Umso mehr ist nun ein maßvoller Umgang mit Wohnflächen gefragt. Ohne die notwendigen gesetzlichen Anpassungen hinterlassen wir den künftigen Generationen ein schweres Erbe und den Leerstand von morgen.“
Konkret fordert der NABU daher einen am Bedarf orientierten Bund-Länder-Verteilungsschlüssel, um den Flächenverbrauch sukzessive bis zum Jahr 2030 in eine Flächenkreislaufwirtschaft zu überführen.
NABU-Siedlungsexperte Stefan Petzold betont die wichtige Funktion der städtischen Grünflächen: „Gerade in dicht bebauten Innenstädten sind Grünflächen ein knappes und wichtiges Gut: Als grüne Lungen sorgen sie für Luft zum Atmen, filtern Staub und Schadstoffe, dämpfen Lärm, puffern Starkregenfälle und kühlen sich und ihre Umgebung um mehrere Grad ab. Doch die verbleibenden Grünflächen stehen unter großem Druck, Bauvorhaben zum Opfer zu fallen. Nur ein flächendeckender Schutz und die Wiederherstellung intakter Grünräume, beispielsweise über Freiflächen- und Baumschutzsatzungen, Renaturierungen von Fließgewässern und Entsiegelungen, können uns eine große Unterstützung im Zuge der Klimakrise sein.“
Hintergrund: Mehr pro-Kopf-Wohnfläche, zunehmender Leerstand
Siedlungen sind für 70 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Der Bausektor produziert 61 Prozent der gesamten Abfallmenge des Landes. Bereits jetzt stehen deutschlandweit über zwei Millionen Wohnungen leer. Prognosen zufolge wird die Einwohnerzahl hierzulande in den nächsten Jahrzehnten abnehmen. Dennoch wird jährlich eine Fläche so groß wie Nürnberg für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Anspruch genommen. Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass pro Person immer mehr Wohnfläche in Anspruch genommen wird: Während Anfang der 90er Jahre die pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland noch bei 35 Quadratmetern lag, sind es heute durchschnittlich 47,4 Quadratmetern. Dabei beanspruchen verwitwete Seniorinnen und Senioren im Vergleich die meiste Fläche.
NABU / 01.10.2021