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Wie die Parteien die Pressefreiheit schützen wollen

Deutschland

„Deutschlands Abstieg in der Rangliste der Pressefreiheit und die zahlreichen aktuellen Krisensituationen in Afghanistan, Myanmar und Belarus verlangen ein stärkeres Engagement aller demokratischen Parteien für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten hierzulande und weltweit“

Zur Hochphase des Bundestagswahlkampfs hat Reporter ohne Grenzen detaillierte Antworten der Parteien zu Kernthemen des Schutzes der Pressefreiheit im In- und Ausland erfragt. Die acht Wahlprüfsteine behandeln etwa den Umgang mit zunehmenden gewalttätigen Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten, die Sanktionierung mangelnder Rechtsstaatlichkeit in EU-Staaten oder die Frage, wie zwischen staatlichen Überwachungsbefugnissen und dem Recht auf vertrauliche Kommunikation im Netz abzuwägen ist. Insbesondere der Umgang mit akut bedrohten Medienschaffenden und deren Rechten im Exil in Deutschland hat angesichts der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan auf schreckliche Weise an Relevanz gewonnen.

„Deutschlands Abstieg in der Rangliste der Pressefreiheit und die zahlreichen aktuellen Krisensituationen in Afghanistan, Myanmar und Belarus verlangen ein stärkeres Engagement aller demokratischen Parteien für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten hierzulande und weltweit“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Wahlprüfsteine geben einen kompakten Überblick über die unterschiedlichen Lösungsansätze und Zusagen der demokratischen Parteien, an denen wir die Politik der nächsten vier Jahre messen werden.“

Zu insgesamt acht Themen hat RSF die Stellungnahmen der im Bundestag vertretenen Parteien erfragt. Einzig die AfD hat die Anfrage nicht beantwortet.

  • Schutz von Medienschaffenden im In- und Ausland
  • Visavergabe für bedrohte Journalisten und Journalistinnen und Förderung von Exilmedien
  • Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in der EU
  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
  • Überwachungsbefugnisse und Nachrichtendienstkontrolle
  • Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie
  • Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetz
  • Umgang mit Hassrede im Netz

Deutliche Unterschiede zeigen sich unter anderem bei der Frage der Überwachung verschlüsselter Kommunikation im Netz. CDU/CSU und SPD beharren auf dem bisherigen Regierungskurs, Polizei und Nachrichtendiensten zunehmende Möglichkeiten der Überwachung verschlüsselter Kommunikation über Dienste wie WhatsApp und Signal einzuräumen. Grüne, Linke und FDP hingegen lehnen den Einsatz von Staatstrojanern und Hintertüren zu Ende-zu-Ende-verschlüsselten Diensten ab.

Dass Deutschland akut bedrohte Medienschaffende durch unbürokratische Nothilfe unterstützen sollte, betonen SPD, Grüne, FDP und Linke in unterschiedlichen Ausführungen. Die CDU/CSU verweist stattdessen auf EU-Regelungen und spricht sich gegen humanitäre Visa zum Zwecke der Asylantragstellung aus.

Positionen zu Rechtsstaatlichkeit und Hassrede

Auch zu ihren Positionen zu Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit in der EU hat Reporter ohne Grenzen die Parteien befragt. Einig sind sich alle Parteien, dass es einen starken Rechtsstaatmechanismus braucht, um mögliche Verstöße gegen die Pressefreiheit zu sanktionieren. Wie sie solchen Verstößen, etwa im Falle von Polen und Ungarn, entgegentreten wollen, beantworten sie unterschiedlich. Die Grünen wollen den neuen Rechtsstaatsmechanismus zum EU-Haushalt sofort auf die beiden genannten Länder anwenden.

Nach Ansicht der SPD mache der Mechanismus Europa wehrhafter, die Partei drängt daher auf eine unverzögerte Umsetzung der von der Kommission zu erarbeitenden Leitlinien. Die Linke kritisiert, dass der Mechanismus bei Pressefreiheitsverletzungen nicht greife, sondern nur, wenn finanzielle Interessen der EU verletzt würden; die Partei fokussiert darauf, das Artikel-7-Verfahren zu vereinfachen. Die FDP wiederum sieht das Artikel-7-Verfahren als nicht bewährt und unterstützt die Verknüpfung der Vergabe von EU-Geldern an EU-Werte. Sowohl FDP als auch Grüne wollen in jedem Fall zivilgesellschaftliche Organisationen in den betroffenen Ländern direkt unterstützen.

Medienschaffende, insbesondere Journalistinnen, Personen mit Migrationshintergrund sowie Journalisten und Journalistinnen, die zu Diskriminierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung recherchieren, werden besonders häufig im Netz beleidigt und bedroht. Als Reaktion darauf hat sich nach Ansicht von CDU/CSU und SPD das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) bewährt und müsse nur sinnvoll weiterentwickelt werden. Die Grünen sehen grundlegenden Reformbedarf im Gesetz, während es die FDP abschaffen und durch einen Regulierungsmix ersetzen möchte. Die Linke fordert, dass digitale Gewalt im Netz als solche anerkannt wird und die Strafverfolgungsbehörden besser aufstellen müssen.

RSF / 16.09.2021

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