Um den Schutz der Insekten zu verbessern, gelten ab heute weitgehende Einschränkungen beim Einsatz von Pestiziden. Zum 8. September 2021 treten Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung unter Federführung des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Kraft. Die Maßnahmen sind Teil des Aktionsprogramms Insektenschutz von 2019. Sie sehen neben deutlichen Restriktionen für den Pflanzenschutzmittel-Einsatz insgesamt auch einen Glyphosat-Ausstieg bis Ende 2023 vor. Bis dahin wird der Einsatz von Glyphosat bei einer Reihe von Anwendungen deutlich eingeschränkt.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Der Glyphosatausstieg kommt. Darauf habe ich mit vielen Umweltschützern lange hingearbeitet. Glyphosat tötet alles, was grün ist, und entzieht Insekten damit die Lebensgrundlage. Darum ist dieser Ausstieg ein großer Erfolg. Ab heute ist die Anwendung von Glyphosat in wichtigen Bereichen verboten. Aber auch andere Pflanzenschutzmittel können Insekten schaden. Darum ist es so wichtig für die Zukunft unserer Ökosysteme, dass künftig weniger Flächen gespritzt werden und mehr Rückzugsräume für Insekten bleiben. Dabei ist uns ein guter Mix gelungen aus Ordnungsrecht, Vertragsnaturschutz und freiwilligen Vereinbarungen wie sie in einigen Bundesländern zwischen Politik, Umweltverbänden und Landwirtschaft erarbeitet wurden. Die Landwirtschaft kann beim Umstieg auf die Unterstützung der Politik zählen. Wer heute Insekten schützt, sichert auch die Landwirtschaft von morgen.“
Anzahl und Vielfalt der Insekten gehen massiv zurück. Dadurch drohen die wichtigen Leistungen von Insekten für intakte Ökosysteme verloren zu gehen. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist dabei eine der zentralen Ursachen für den Insektenrückgang. Mit den nun in Kraft tretenden Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung wird hier gezielt gegengesteuert, um Insekten zu schützen und ihre Lebensräume zu erhalten.
Die Änderungsverordnung regelt zum einen das verbindliche Ende der Glyphosat-Anwendung mit Ablauf des Jahres 2023 und damit zum europarechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt. Bis dahin sieht die Verordnung ein grundsätzliches Verbot von Glyphosat in einer Reihe naturschutzrechtlicher und wasserrechtlicher Schutzgebiete vor. In der Landwirtschaft, insbesondere im Ackerbau kommt es mit der Verordnung zudem bereits jetzt zu weiteren Anwendungseinschränkungen für Glyphosat unter anderem für die Vorsaat- und Stoppelbehandlung. Die besonders umstrittene Anwendung von Glyphosat direkt vor der Ernte wird generell verboten. Ebenfalls bereits jetzt verboten wird die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich sowie auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, wie zum Beispiel Kinderspielplätze, soweit bestandskräftige Zulassungen nicht entgegenstehen
Neben dem Verbot von Glyphosat geht es bei der Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung auch noch um weitere wichtige Verbesserungen für den Insektenschutz: In ökologisch besonders schutzbedürftigen Gebieten wird ein generelles Verbot der Anwendung von Herbiziden und solchen Insektiziden, die Bienen und Bestäuber gefährden, eingeführt. In bestimmten Gebieten soll es mit Blick auf Ackerflächen die Möglichkeit geben, auf Landesebene entwickelte kooperative Konzepte vorrangig umzusetzen, die die Landwirte für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel honorieren. Und schließlich gilt künftig ein bei jeglichem Pflanzenschutzmittel-Einsatz einzuhaltender genereller Mindestabstand zu Gewässern.
Hintergrund:
Sowohl die Gesamtmenge der Insekten als auch die Vielfalt der Insektenarten ist in den letzten Jahren in Deutschland stark zurückgegangen. Die Ursachen dafür sind vielfältig, zu den wichtigsten zählen der Verlust und die Verschlechterung von Insektenlebensräumen, der Verlust der Strukturvielfalt in der Landschaft, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, der Eintrag von Schadstoffen in Böden und Gewässer und die Lichtverschmutzung.
Im Bereich der Landwirtschaft ist der ökologische Landbau der beste Beweis, wie auch ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel hochwertige Nahrungsmittel produziert werden können. In einem sehr intensiven Ackerbau mit engen Fruchtfolgen ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere Herbiziden, häufig am Größten. Je breiter die Fruchtfolge ist und je mehr auch auf den Anbau unkrautregulierender Zwischenfrüchte gesetzt wird, desto weniger Unkräuter konkurrieren mit der angebauten Kulturpflanze. Es bedarf also zuallererst einer Änderung der Anbausysteme. Die Anpassung der Fruchtfolge ist dabei der erste und wichtigste Schritt. Wohin der Weg grundsätzlich gehen sollte, zeigt beispielsweise das im Auftrag des BMU erstellte Eckpunktepapier für eine Ackerbaustrategie.
Zu den jetzt erfolgten Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung hinzu kommen die im Insektenschutzgesetz verankerten Errungenschaften, etwa die Einbeziehung von Streuobstwiesen in die Liste der bundesgesetzlich geschützten Biotope oder ein neues Vorgehen gegen Lichtverschmutzung. Das im Entwurf federführend vom Bundesumweltministerium (BMU) erarbeitete Insektenschutzgesetz wurde am 24. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen, hat, genauso wie die Änderungsverordnung zur Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, am 25. Juni 2021 den Bundesrat passiert und wurde am 30. August 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet.
BMU / 08.09.2021