Die Ausfuhren von Gütern und Technologien, die sowohl für zivile als auch für militärische oder terroristische Zwecke eingesetzt werden können, müssen künftig schärfer kontrolliert werden. Damit können auch Verstöße gegen die Menschenrechte im Zusammenhang mit bestimmten Technologien für digitale Überwachung besser verhindert werden. Die entsprechende neue EU-Ausfuhrkontrollverordnung ist Donnerstag in Kraft getreten. „Wir müssen besser auf neu auftretende Bedrohungen in einer zunehmend instabilen Welt reagieren können. Das bedeutet, dass wir Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, einschließlich Technologien für digitale Überwachung, die für Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden können, besser im Blick haben müssen“, so der Exekutiv-Vizepräsident und EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis. „Dank dieser neuen EU-Vorschriften werden die EU-Länder nun noch enger untereinander und mit Verbündeten in Bezug auf potenzielle Sicherheitsrisiken zusammenarbeiten, die sich aus Biotechnologie, künstlicher Intelligenz und anderen neuen Technologien ergeben.“
Die neue Ausfuhrkontrollverordnung ersetzt die Verordnung von 2009 und stärkt die Fähigkeit der EU, auf neue Sicherheitsrisiken und neu entstehende Technologien zu reagieren. Der neue Rahmen ermöglicht es der EU, wichtige Maßnahmen zu ergreifen, um Fachwissen zu bündeln und besondere Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere im Zusammenhang mit der Cyber-Überwachung (hierzu werden noch Leitlinien für die Sorgfaltspflicht ausgearbeitet), aber auch bei neu entstehenden Technologien mit doppeltem Verwendungszweck in Bereichen wie Biotechnologie, künstliche Intelligenz oder fortgeschrittene Rechensysteme.
Mit der Verordnung wird für mehr Transparenz gesorgt, indem das Maß an Konsultationen und Berichterstattung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission erhöht wird und indem die Entwicklung einer neuen EU-Plattform zur elektronischen Genehmigung vorangetrieben wird, die bereits in vier EU-Mitgliedstaaten erprobt wurde.
Sie liefert auch eine Rechtsgrundlage für Maßnahmen der EU auf multilateraler, plurilateraler und bilateraler Ebene – in Anerkennung der Tatsache, dass die Wirksamkeit der Kontrollen von der Mitarbeit der größten Technologiehersteller abhängt – und baut auf dem bestehenden multilateralen Rahmen für Ausfuhrkontrollen auf, dem Wassenaar-Arrangement, das die Grundlage für viele Beschränkungen bildet, die durch die Verordnung auf EU-Ebene eingeführt werden.
Hintergrund
Die Kommission hat ihren Legislativvorschlag zur Modernisierung der Ausfuhrkontrollen der EU für sensible Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck im September 2016 angenommen. Diese Güter haben zahlreiche zivile Zwecke, können aber auch in den Bereichen Verteidigung, Nachrichtendienste und Strafverfolgung eingesetzt werden (Kernmaterial und besondere Werkstoffe, Telekommunikation, Elektronik und Computer, Luft- und Raumfahrt, Schiffsausrüstung usw.) und können auch für Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden.
In die neue Verordnung wurden zahlreiche Vorschläge der Kommission für eine umfassende Verbesserung des Systems aufgenommen. Sie wird das bestehende Ausfuhrkontrollsystem der EU durch folgende Maßnahmen wirksamer machen:
- Einführung einer neuen Dimension der „menschlichen Sicherheit“, damit die EU auf die Herausforderungen reagieren kann, die mit den neuen Technologien mit doppeltem Verwendungszweck – insbesondere den Cyber-Überwachungstechnologien – einhergehen, die ein Risiko für die nationale und internationale Sicherheit darstellen; dies schließt auch den Schutz der Menschenrechte ein;
- Aktualisierung von Schlüsselbegriffen und Definitionen (etwa der Definition des Begriffs „Ausführer“, unter den jetzt auch natürliche Personen und Forscher fallen, die an der Weitergabe von Technologie mit doppeltem Verwendungszweck beteiligt sind);
- Vereinfachung und Harmonisierung der Genehmigungsverfahren sowie Schaffung von Möglichkeiten für die Kommission, die Liste der Güter oder Bestimmungsorte, die besonderen Kontrollformen unterliegen, durch ein „vereinfachtes“ Verfahren, d. h. delegierte Rechtsakte, zu ändern, wodurch das Ausfuhrkontrollsystem flexibler gestaltet wird und sich besser weiterentwickeln und an die Gegebenheiten anpassen kann;
- Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den Genehmigungsbehörden und der Kommission im Interesse von transparenteren Genehmigungsentscheidungen;
- Koordinierung und Unterstützung einer soliden Durchsetzung von Kontrollen, darunter fällt auch die Verbesserung eines sicheren elektronischen Informationsaustauschs zwischen Genehmigungs- und Durchsetzungsbehörden;
- Entwicklung eines Kapazitätsaufbau- und Schulungsprogramms der EU für die Genehmigungs- und Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten;
- gezielte Information der Industrie und Transparenz gegenüber den Interessenträgern zum Aufbau strukturierter Beziehungen zum privaten Sektor im Wege spezifischer Konsultationen der Interessenträger durch die zuständige Arbeitsgruppe der Kommission oder Experten der Mitgliedstaaten;
- Stärkung des Dialogs mit Drittländern und Bemühungen um gleiche Wettbewerbsbedingungen auf globaler Ebene.
EU-Kommission / 09.09.2021