Das UNESCO-Welterbekomitee hat heute fünf neue Stätten in die Welterbeliste aufgenommen, darunter den Kulturraum von Ḥimā in Saudi-Arabien, den Leuchtturm von Cordouan in Frankreich und die Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert in der italienischen Stadt Padua. In Deutschland wurden die Mathildenhöhe Darmstadt sowie Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen als Teil der „Bedeutenden Kurstädte Europas“ ausgezeichnet. Das UNESCO-Komitee tagt noch bis zum 31. Juli und berät voraussichtlich bis zum 28. Juli über Nominierungen für die Welterbeliste.
Bedeutende Kurstädte Europas (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Tschechien, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland)
Das europäische Kur-Phänomen hatte seine stärkste Ausprägung zwischen 1700 und den 1930er-Jahren. „Auf Kur zu gehen“ beinhaltete dabei sowohl das Baden in als auch das Trinken und Inhalieren von Wasser aus Mineralquellen, um die herum sich alle Kurstädte entwickelten. Darüber hinaus gab es ein eng geplantes Tagesregime, das medizinische und sportliche Elemente ebenso berücksichtigte wie Muße, Unterhaltung und Sozialleben. Dieser ganzheitliche Ansatz brachte eine Architektur aus einzigartig vernetzten Innen- und Außenräumen hervor, deren Kernelemente sich auf dem ganzen Kontinent wiederfinden. Aus den hunderten Kurstädten Europas wurden die dynamischsten und internationalsten ausgewählt: Spa (Belgien), Bad Ems, Baden-Baden und Bad Kissingen (Deutschland), Vichy (Frankreich), Montecatini Terme (Italien), Baden bei Wien (Österreich), Karlovy Vary, Františkovy Lázně und Mariánské Lázně (Tschechien) sowie Bath (Vereinigtes Königreich).
Mathildenhöhe Darmstadt (Deutschland)
Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein gründete 1899 auf der Mathildenhöhe Darmstadt eine Künstlerkolonie als Zentrum der damals neu entstehenden Reformbewegung in Architektur, Kunst und Handwerk. Die experimentelle Wohn- und Arbeitsstätte wurde von den Künstlern selbst gestaltet und im Zuge von vier internationalen Ausstellungen 1901, 1904, 1908 und 1914 erweitert. Das Ensemble der Mathildenhöhe ist ein außerordentliches Zeugnis von Architektur und Landschaftsgestaltung an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Sie steht stellvertretend für die in und an ihr arbeitende Künstlergemeinschaft, deren wegweisende Visionen für Wohn- und Arbeitswelten als Vorläufer der architektonischen Moderne gelten können.
Leuchtturm von Cordouan (Frankreich)
1584 auf einem Felsplateau vor der Gironde-Mündung errichtet, ist der Leuchtturm von Cordouan bis heute in Betrieb. Sein Bau sollte die Tradition berühmter Leuchttürme der Antike fortsetzen und der französischen Monarchie zu einem bedeutenden Machtsymbol verhelfen. Im 18. Jahrhundert wurde der Turm auf 67 Meter erhöht und modernisiert, wobei sowohl die technischen Änderungen in der Lichtkammer als auch die Steinschnittarbeiten auf höchstem Niveau umgesetzt wurden. Damit verdankt sich die heutige Berühmtheit des Leuchtturms von Cordouan der künstlerischen, handwerklichen und technologischen Meisterschaft seiner Erbauer. Zudem wurde er über die Jahrhunderte mehrfach für Versuche herangezogen, die Navigationsunterstützung durch Leuchttürme insgesamt zu verbessern.
Paduas Freskenzyklen aus dem 14. Jahrhundert (Italien)
Die Freskenzyklen befinden sich im alten Stadtzentrum Paduas, untergebracht in acht Gebäudekomplexen: der Cappella degli Scrovegni, der Chiesa degli Eremitani, dem Palazzo della Ragione, dem Palazzo Papafava dei Carraresi, dem Baptisterium sowie den angrenzenden Piazze, der Basilica di Sant’Antonio und dem Oratorio di San Michele. Inspiriert von Fortschritten der optischen Wissenschaft nutzten Giotto und andere Künstler des 14. Jahrhunderts hier erstmalig die räumliche Perspektive und stellten menschliche Figuren mit individuellen Zügen und Gefühlsäußerungen dar. Ihre Werke bezeugen das besondere prähumanistische Klima im Padua des frühen 14. Jahrhunderts und beeinflussten Freskoarbeiten weit über die Zeit der italienischen Renaissance hinaus.
Kulturraum von Ḥimā (Saudi-Arabien)
Die Stätte liegt an der ältesten Zollstation einer historisch bedeutenden Karawanenroute im Südwesten Saudi-Arabiens. Reisende, die zu verschiedenen Zeiten die Wüste durchquerten, hinterließen hier Spuren in Form von Inschriften und Bildern auf den nahe gelegenen Felsen. Ihre gemalten, geschriebenen oder eingeritzten Äußerungen über Liebe, Bräuche, Religionen und Jagd sowie über Tiere und Pflanzen stellen eine einzigartige Chronik der letzten 7.000 Jahre menschlicher Kultur dar.
Deutsche UNESCO-Kommission / 24.07.2021