Die Europäische Kommission hat den deutschen Aufbau- und Resilienzplan Dienstag positiv bewertet. Damit rückt die Auszahlung von 25,6 Mrd. Euro an Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU ein gutes Stück näher. „ Die dargelegten Reformen und Investitionen werden zur Digitalisierung und Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft beitragen, sodass diese für künftige Herausforderungen besser gerüstet ist“, sagte Präsidentin von der Leyen nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Beide ließen sich aus dem Kanzleramt ins Gesundheitsamt nach Köln schalten, dessen digitale Modernisierung ein beispielhaftes Projekt für den Deutschen Aufbau- und Resilienzplan ist.
Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) – des Herzstücks von NextGenerationEU – werden bis zu 672,5 Mrd. Euro (zu jeweiligen Preisen) bereitgestellt, um überall in der EU Investitionen und Reformen zu fördern. Der deutsche Plan ist Teil einer beispiellosen koordinierten Reaktion der EU auf die COVID-19-Krise, mit der gemeinsame europäische Herausforderungen bewältigt werden sollen, indem der ökologische und digitale Wandel vollzogen wird und die wirtschaftliche und soziale Resilienz sowie der Zusammenhalt im Binnenmarkt gestärkt werden.
Die Kommission hat den von Deutschland eingereichten Plan nach den Kriterien der ARF-Verordnung bewertet. Dabei wurde insbesondere analysiert, ob die von Deutschland geplanten Investitionen und Reformen den ökologischen und digitalen Wandel vorantreiben, ob sie zur wirksamen Bewältigung der im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten Herausforderungen beitragen und ob sie das Wachstumspotenzial, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche und soziale Resilienz stärken.
Sicherung des ökologischen und digitalen Wandels in Deutschland
Die Bewertung des deutschen Plans durch die Kommission ergab, dass mindestens 42 Prozent der darin vorgesehenen Gesamtmittel in Maßnahmen zur Unterstützung von Klimaschutzzielen fließen sollen. So umfasst der Plan Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf erneuerbarem Wasserstoff, Investitionen in nachhaltige Mobilität und der Renovierung von Wohngebäuden zur Verbesserung ihrer Energieeffizienz liegt.
Ferner stellte die Kommission fest, dass gemäß Deutschlands Plan 52 Prozent der Gesamtmittel für Maßnahmen zur Förderung des digitalen Wandels bereitgestellt werden sollen. Insbesondere sind Maßnahmen zur Unterstützung der Digitalisierung öffentlicher Dienste, insbesondere öffentlicher Gesundheitsdienste, sowie von Unternehmen geplant. Der Plan sieht ferner Maßnahmen zur Förderung des Humankapitals sowie Investitionen in fortschrittliche digitale Technologien vor, wobei eine Komponente auf die „Digitalisierung der Bildung“ ausgerichtet ist.
Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz Deutschlands
Nach Auffassung der Kommission enthält der deutsche Plan umfangreiche, sich gegenseitig verstärkende Reformen und Investitionen, die zur Bewältigung aller oder eines wesentlichen Teils der – in den 2019 und 2020 an Deutschland gerichteten länderspezifischen Empfehlungen des Rates genannten – wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen beitragen. Geplant sind unter anderem Maßnahmen zur Beseitigung von Investitionsengpässen und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands. Darüber hinaus sollen die länderspezifischen Empfehlungen in Bezug auf die Digitalisierung des Bildungswesens, die Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler, die Verbesserung des Kinderbetreuungsangebots, die Erhöhung der Transparenz bei den Renten und die Dämpfung des Anstiegs der Steuer- und Abgabenbelastung angegangen werden.
Der Plan stellt eine umfassende und angemessen ausgewogene Antwort auf die wirtschaftliche und soziale Lage Deutschlands dar und leistet somit einen angemessenen Beitrag zu allen sechs Säulen der ARF-Verordnung.
Unterstützung richtungsweisender Investitions- und Reformprojekte
Der deutsche Plan sieht Projekte im Rahmen aller sieben europäischen Leitinitiativen vor. Dabei handelt es sich um gezielte Investitionsvorhaben in beschäftigungs- und wachstumswirksamen Bereichen, die alle Mitgliedstaaten betreffen und für den ökologischen und digitalen Wandel unentbehrlich sind. So will Deutschland beispielsweise 2,5 Mrd. Euro für die Förderung energieeffizienter Gebäuderenovierungen und 2,5 Mrd. Euro für die Anschaffung von Elektroautos bereitzustellen.
Ein zentraler Bestandteil des Plans sind zudem Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse in den Bereichen Wasserstoff, Mikroelektronik, Cloud-Infrastruktur und Datenverarbeitung, an denen sich alle interessierten Mitgliedstaaten beteiligen können.
Die Bewertung durch die Kommission ergab ferner, dass – entsprechend den Anforderungen der ARF-Verordnung – keine der im Plan enthaltenen Maßnahmen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Umwelt führt.
Die von Deutschland eingerichteten Kontrollsysteme werden für angemessen befunden, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen. Schließlich wird im Plan hinreichend detailliert dargelegt, wie die nationalen Behörden mögliche Interessenkonflikte, Korruption und Betrug bei der Verwendung der Mittel verhindern, aufdecken und beheben wollen.
Nächste Schritte
Die Kommission hat heute einen Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss des Rates angenommen, wonach Deutschland 25,6 Mrd. Euro an Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität erhalten soll. Der Rat hat nun grundsätzlich vier Wochen Zeit, um den Kommissionsvorschlag anzunehmen.
Nach der Billigung durch den Rat könnte eine Vorfinanzierung von 2,3 Mrd. Euro an Deutschland ausgezahlt werden. Dies entspricht 8,7 Prozent der Gesamtmittel, die Deutschland zugewiesen wurden.
EU-Kommission / 22.06.2021
Foto: Bundesfinianzministerium