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Der Tod von Omar K. muss rückhaltlos aufgeklärt werden

Tödlicher Schusswaffeneinsatz der Polizei in Winterhude

Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Am 28.05.2021 wurde Omar K. in Winterhude von der Polizei erschossen – ein Fall, der viel Aufsehen erregt hat. Auf Nachfrage der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft hält sich der Senat zum Tatgeschehen jedoch sehr bedeckt. 

„Der Tod von Omar K. wirft viele Fragen auf“, sagt Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. „Dazu gehört auch die Frage, warum ein Dutzend Polizeikräfte und ein Sondereinsatzkommando nicht in der Lage sind, einen Menschen zu stoppen, ohne tödlich zu schießen.“

Wie die Schriftliche Kleine Anfrage ergeben hat, wurde Omar K. nach Abgabe der Schüsse zunächst gefesselt und die Fesselung erst „im Laufe der medizinischen Erstversorgung“ gelöst. Dazu Celik„Die medizinische Versorgung einer gefesselten Person ist nicht möglich, geschweige denn eine Reanimation. Bei allem Verständnis für die polizeiliche Eigensicherung stellt sich die Frage, ob unmittelbar alle notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, um das Leben von Omar K. zu retten.“

Celik weiter: „Polizeilicher Schusswaffeneinsatz ist immer die ultima ratio – wenn ein Mensch durch staatliche Gewalt zu Tode kommt, ist es unsere Pflicht, den Sachverhalt vollumfänglich aufzuklären.“

Anfrage

Am vergangenen Freitag kam es in Winterhude zu einem tödlichen Schusswaffeneinsatz durch die Polizei. Nach der polizeilichen Pressemitteilung handelt es sich bei dem getöteten Mann um einen 36jährigen libanesischen Geflüchteten. Der Sachverhalt stellt sich anhand der polizeilichen Pressemitteilung (vgl. https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4927485) wie folgt dar: Der Mann soll in der Hebebrandstraße zunächst gegen ein geparktes Auto getreten haben, dann die Fahrbahn betreten haben und zwei fahrende Autos beschädigt haben. Er soll dabei ein Messer in der Hand gehalten haben und mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen haben. Zudem soll er versucht haben, nach einemRadfahrer zu treten. Beim Eintreffen der Polizei habe er ein Messer in der Hand gehaltenund weiterhin „Allahu Akbar“ gerufen haben. Das eingesetzte Pfefferspray habe die Situationnicht entschärft. Auch der Einsatz eines Tasers durch eine zufällig in der Nähe befindliche Spezialeinheit habe keinen Erfolg gehabt. Da er die Polizeibeamten bedroht habe, habe ein Polizeibeamter mehrere Schüsse auf ihn abgegeben. Er starb noch vor Ort.

Ich frage den Senat:

Die Polizei hat hierzu die Pressemitteilungen 210528-5. unter https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4927283und 210529-1. unter https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4927485 veröf-fentlicht.

Darüber hinaus wurden im vorliegenden Fall strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind.

Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg wurde im Zusammenhang mit dem genannten Vorfall ein Ermittlungsverfahren gegen eine beschuldigte Person wegen des Anfangsverdachtes der Körperverletzungim Amt mit Todesfolge eingeleitet (§§ 340, 227 Strafgesetzbuch, StGB). Die Ermittlungen führt dasDezernat Interne Ermittlungen. Im Rahmen der Ermittlungen wird der Sachverhalt aufgeklärt undrechtlich geprüft werden. Gegenstand der Prüfung sind die tatsächlichen und rechtlichen Fragen zum Vorliegen der polizeilichen Eingriffsbefugnis (§§ 24 ff. HambSOG) und der allgemeinen Rechtfertigungsgründe (§§ 32 ff. StGB). Die Ermittlungen stehen am Anfang. Detaillierte Angaben zum Tathergang, zu der Anzahl an Geschädigten und der Zahl der Zeugen können derzeit nicht gemacht werden.Um den Erfolg laufender Ermittlungen nicht zu gefährden, sieht der Senat von weiteren Angaben ab.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

Frage 1: Wie viele Polizist:innen standen dem Mann gegenüber, bevor die Schüsse gefallensind?

Frage 2: Wie sah die Bedrohung der Polizist:innen durch den Mann konkret aus?

Frage 3: Gab es vor Abgabe der Schüsse Anzeichen für einen Zustand der Verwirrung oderpsychische Auffälligkeiten bei dem Mann? Wenn ja, in welcher Form?

Frage 4: Wie viele Schüsse wurden insgesamt abgegeben und wie viele Schüsse haben den Mann getroffen?

Frage 5: An welchen Körperstellen wurde der Mann jeweils durch wie viele Schüsse getroffen und welche waren tödlich?

Frage 6: Was war die Todesursache des Mannes?

Frage 7: Hatte der Mann weitere Verletzungen? Wenn ja, welche?

Frage 8: Nach Pressemitteilung der Polizei hatte der Mann ein Messer in der Hand. Wurde das Messer vor Ort sichergestellt und asserviert? Wenn ja, um was für ein Messer hat es sich gehandelt (Messertyp, Klingenlänge, feststehende Klinge etc.)? Wenn nein, wurde ein anderer Gegenstand welchen Typs sichergestellt und asserviert, der zur Bedrohung genutzt wurde?

Siehe Vorbemerkung.

Frage 9: War der Mann polizeibekannt und wenn ja, in welchem Kontext?

Frage 10: Gibt es (Vor-)Erkenntnisse, dass der Mann sich in islamistischen Spektren bewegthat? Wenn ja, welche?

Frage 11: Gibt es Erkenntnisse über mögliche psychische Erkrankungen des Mannes? Wenn ja,welche?

Siehe Drs. 22/4716. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Frage 12: Laut Pressemitteilung der Polizei befand sich zufällig die Spezialeinheit des LKA 24 inder Nähe. Aus welchen Gründen und wo befand sich die Spezialeinheit in der Näheund wie viel Zeit verging zwischen dem Eintreffen der ersten Polizeieinheit und dem Eintreffen der Spezialeinheit vor Ort?

Siehe Vorbemerkung. Es handelte sich um einzelne Angehörige des LKA 24, die aufgrund eines anderweitigen Einsatzes keine vollständige SEK-Ausstattung mitführten. Im Übrigen betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundlegenden Erwägungen keine weitergehenden Angaben gemacht werden.

Frage 13: Wurde der Mann von dem Taserpfeilen getroffen? Wenn ja, inwieweit zeigte der Einsatz des Tasers keinen Erfolg und wie erklärt sich der Senat bzw. die zuständige Behörde das Ausbleiben des angestrebten Erfolges? Wenn nein, aus welchen Gründenwurde der Mann nicht getroffen?

Ja. Der angestrebte Erfolg blieb aus. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Frage 14: Welcher Tasertyp (Taser X26 oder Taser X2 oder anderweitiges Gerät) wurde eingesetzt?

Ein Distanzelektroimpulsgerät (DEIG) Typ Taser X2 wurde eingesetzt.

Frage 15: Wurde der Mann nach der Schussabgabe fixiert oder gefesselt? Wenn ja, in welcher Form und wurde sie während der Reanimation fortgesetzt?

Ja, der Mann wurde nach der Schussabgabe zunächst mittels Handfesseln gefesselt. Im Laufe der medizinischen Erstversorgung wurde die Fesselung gelöst.

Frage 16: Nach Auskunft der Polizei wurde sofort vor Ort mit der Reanimation des Mannes be-gonnen, u.a. mit Unterstützung einer zufällig vor Ort befindlichen Ärztin. Wie viel Zeitverging zwischen der Hinzuziehung des Rettungsdienstes und deren Eintreffen am Einsatzort? (ggf. Vorbemerkung)

Der Primärnotruf wurde von der Einsatzzentrale der Polizei angenommen und abgefragt. Die Feuerwehr wurde um 15:49 Uhr von der Polizei dem Einsatz zugeordnet. Die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr trafen um 15:53 Uhr am gemeldeten Einsatzort ein.

DIE LINKE HAMBURG / 09.06.2021

Mann verstirbt nach Schusswaffengebrauch durch Polizeibeamte in Hamburg-Winterhude

POL-HH: 210528-5.

Zeit: 28.05.2021, 15:41 Uhr; Ort: Hamburg-Winterhude, Hebebrandstraße/Sengelmannstraße

In Winterhude haben Polizeibeamte im Rahmen eines Einsatzes auf einen Angreifer geschossen. Der Mann ist später seinen Verletzungen erlegen.

Nach den ersten Erkenntnissen soll der nach Zeugenangaben zunächst offenbar mit einem Messer bewaffnete Mann im Bereich der Sengelmannstraße/Hebebrandstraße zunächst Autofahrer bedroht und auch mehrere Autos beschädigt haben. Währenddessen soll er mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen haben. Alarmierte Polizeibeamte haben den Mann gestellt und auch Pfefferspray gegen ihn eingesetzt. Zufällig in der Nähe befindliche Einsatzkräfte der Spezialeinheiten (LKA 24) kamen zur Unterstützung hinzu und setzten gegen den Angreifer auch einen „Taser“ ein. Weil er die Einsatzkräfte aber weiter bedrohte, kam es letztlich zur Schussabgabe auf ihn. Er ist im weiteren Verlauf seinen schweren Verletzungen erlegen. Seine Identität ist bislang noch nicht bekannt.

Ermittler des Kriminaldauerdienstes (LKA 26) haben die ersten Ermittlungen zu der Bedrohungslage aufgenommen. Wegen des polizeilichen Schusswaffengebrauchs ermittelt wie in solchen Fällen üblich auch das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE).

Auch die Staatsschutzabteilung (LKA 7) des Landeskriminalamts ist in die Ermittlungen eingebunden und prüft, ob bzw. inwieweit der Angreifer aus religiösen Motiven handelte.“

und

Weitere Erkenntnisse nach Schusswaffeneinsatz gegen bewaffneten Mann

POL-HH: 210529-1.

Zeit: 28.05.2021, 15:41 Uhr; Ort: Hamburg-Winterhude, Hebebrandstraße/Sengelmannstraße

Am Freitagnachmittag kam es in Winterhude zu einem polizeilichen Schusswaffengebrauch gegen einen bewaffneten Mann. Durch die weiteren Ermittlungen ergaben sich neue Erkenntnisse.

Durch die noch am Freitagabend geführten Ermittlungen konnte der Angreifer als 36-jähriger Mann libanesischer Staatsangehörigkeit identifiziert werden. Nach den vorliegenden Zeugenaussagen soll er zunächst gegen ein geparktes Auto getreten haben und anschließend auf die Fahrbahn der Hebebrandstraße getreten sein. Auch dort soll er zwei weitere Autos des fließenden Verkehrs beschädigt haben. Währenddessen soll er mit weit ausgestreckten Armen ein Messer in die Luft gehalten und mehrfach „Allahu Akbar“ gerufen haben. Anschließend soll er auch noch versucht haben, einen auf dem angrenzenden Radweg fahrenden Fahrradfahrer zu treten.

Als die ersten alarmierten Polizeibeamten eintrafen, war der Mann noch mit einer Messerklinge bewaffnet und rief weiterhin „Allahu Akbar“. Es wurde zunächst Pfefferspray gegen ihn eingesetzt und zufällig in der Nähe befindliche Einsatzkräfte der Spezialeinheiten (LKA 24) versuchten, ihn mit einem „Taser“ zu stoppen. Weil er die Einsatzkräfte aber weiter bedrohte, gab ein Polizeibeamter letztlich mehrere Schüsse auf ihn ab.

Die eingesetzten Polizeibeamten leiteten sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen ein und wurden dabei auch von einer zufällig vorbeikommenden Ärztin unterstützt. Später übernahmen die Rettungskräfte der Feuerwehr und der Notarzt die weitere Versorgung. Der Mann erlag aber noch vor Ort seinen Verletzungen.

Die eingesetzten Polizeibeamten wurden durch den Angriff nicht verletzt. Es erfolgten Betreuungsmaßnahmen durch psychosoziale Notfallversorger der Polizei (PEERS).

Wie sich später herausstellte, soll der bewaffnete Mann zuvor auf einem Trampelpfad zur Hebebrandstraße schon einen anderen Mann mit einem Messer bedroht haben.

Im Rahmen der Ermittlungen wurde auch das Zimmer des 36-Jährigen in einer nahegelegenen Wohnunterkunft durchsucht. Weder durch die Identifizierung noch durch die Durchsuchung haben sich bislang Hinweise auf ein Tatmotiv ergeben.

Bis in den Abend erfolgten umfangreiche Spurensicherungsmaßnahmen durch die Mordkommission (LKA 41). Dazu war die Hebebrandstraße bis etwa 21:15 Uhr voll gesperrt. Erste Sperrungen konnten danach aufgehoben werden, bis etwa 21:50 Uhr dauerten aber Teilsperrungen an. Im Umfeld kam es dadurch zu Verkehrsbeeinträchtigungen.

Die weiteren Ermittlungen dauern an.“

Polizei Hamburg / 28.05.2021

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