Die Europäische Kommission will den bestehenden Verhaltenskodex stärken, mit dem sich Online-Plattformen zur Bekämpfung der Verbreitung von Desinformation im Internet verpflichten. Dazu hat die Kommission Mittwoch entsprechende Leitlinie veröffentlicht. Demnach sollten Unterzeichner des Verhaltenskodex ihre Zusammenarbeit mit Faktenprüfern ausweiten und die Kompetenz der Nutzer stärken, damit sie Desinformation besser erkennen und melden können. Plattformen und Akteure im Online-Werbeökosystem sollen besser zusammenarbeiten, um die Finanzierung von Desinformation zu unterbinden. Die Kommission ermutigt zudem etablierte und neu entstehende Plattformen, dem Kodex beizutreten.
Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz, erklärte: „Die Bedrohungen durch Desinformation im Internet entwickeln sich rasch weiter, und wir müssen unser kollektives Handeln verstärken, um der Rolle der Bürgerinnen und Bürger mehr Gewicht zu verleihen und den demokratischen Informationsraum zu schützen. Dafür ist ein neuer wirksamerer Kodex erforderlich, da wir Online-Plattformen und andere Akteure benötigen, um den systemischen Risiken ihrer Dienste und der algorithmischen Verstärkung zu begegnen, und wir müssen verhindern, dass sie sich weiterhin selbst überwachen und Geld mit Desinformation verdienen, dabei jedoch die Redefreiheit uneingeschränkt wahren.“
Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton ergänzte: „Wir müssen die Infodemie und die Verbreitung falscher Informationen, die das Leben der Menschen gefährden, eindämmen. Desinformation darf keine Einnahmequelle bleiben. Wir brauchen ein stärkeres Engagement der Online-Plattformen, des gesamten Werbeökosystems und der Netzwerke von Faktenprüfern. Das Gesetz über digitale Dienste wird uns zusätzliche, wirkungsvolle Instrumente zur Bekämpfung von Desinformation an die Hand geben.“
Ein starker, stabiler und flexibler Kodex zur Unterstützung der Bekämpfung von Desinformation
In den Leitlinien wird gefordert, größere Wirksamkeit durch die Stärkung des Kodex in folgenden Bereichen zu erzielen:
- Größere Beteiligung mit maßgeschneiderten Verpflichtungen: Die Kommission ermutigt etablierte und neu entstehende Plattformen, die in der EU aktiv sind, relevante Interessenträger im Ökosystem der Online-Werbung (z. B. Ad-Tech-Anbieter, Ad-Tech-Anbieter, Marken, die von Werbung profitieren), private Nachrichtenübermittlungsdienste sowie Interessenträger, die mit Ressourcen oder Fachwissen dazu beitragen können, dass der Kodex wirksam funktioniert, dem Kodex beizutreten. Der gestärkte Kodex sollte neue maßgeschneiderte Verpflichtungen enthalten, die Umfang und Art der von den Unterzeichnern erbrachten Dienstleistungen entsprechen.
- Entzug von Einnahmen: Plattformen und Akteure im Online-Werbeökosystem müssen Verantwortung übernehmen und besser zusammenarbeiten, um die Finanzierung von Desinformation zu unterbinden, insbesondere durch den Austausch von Informationen über Desinformationsanzeigen, die von einer der Unterzeichner abgelehnt wurden, die Verbesserung der Transparenz und Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit Werbeplatzierungen und den Ausschluss von Akteuren, die systematisch Falschinformationen versenden.
- Gewährleistung der Integrität der Dienste: Der gestärkte Kodex sollte alle bestehenden oder sich abzeichnenden Formen von manipulativem Verhalten, das zur Verbreitung von Desinformation eingesetzt wird (wie Bots, Scheinkonten, organisierte Manipulationskampagnen, Kontoübernahmen) umfassend abdecken und maßgeschneiderte Verpflichtungen enthalten, um Transparenz und Rechenschaftspflicht bei Maßnahmen zu gewährleisten, die darauf abzielen, seine Wirksamkeit einzuschränken.
- Stärkung der Kompetenz der Nutzer, damit sie Desinformation erkennen und melden können: Die Nutzer müssen Zugang zu Instrumenten erhalten, die es ihnen ermöglichen, die Online-Umgebung besser zu verstehen und sich darin sicher zu bewegen. Die Unterzeichner müssen ihre Empfehlungssysteme, d.h. die Art wie Nutzern Inhalte angezeigt werden, transparent gestalten und Maßnahmen zur Begrenzung der Gefahr einer viralen Verbreitung von Desinformation ergreifen. Sie sollten ihren Nutzern auch leicht zugängliche und wirksame Instrumente und Verfahren an die Hand geben, um Desinformationen, die Schäden für die Öffentlichkeit oder für den Einzelnen verursachen könnten, zu melden. Nutzer, deren Inhalte oder Konten von Maßnahmen betroffen sind, die infolge eine solchen Meldung ergriffen wurden, sollten Zugang zu einem geeigneten und transparenten Verfahren, um Beschwerde und Rechtsmittel einzulegen haben. Der verbesserte Kodex sollte auch die Sichtbarkeit zuverlässiger Informationen von öffentlichem Interesse erhöhen und Nutzer warnen, die mit Inhalten, die von Faktenprüfern als falsch gekennzeichnet wurden, interagiert haben.
- Ausweitung der Faktenprüfung und Verbesserung des Datenzugangs für Forschende: Der neue Kodex sollte eine engere Zusammenarbeit mit Faktenprüfern vorsehen und eine breitere Abdeckung in allen EU-Ländern und -Sprachen anstreben. Der gestärkte Kodex sollt zudem einen verlässlichen Rahmen für den Datenzugang von Forschern vorsehen.
- Ein wirkungsvoller Kontrollrahmen: Der gestärkte Kodex sollte einen verbesserten Überwachungsrahmen auf der Grundlage klarer zentraler Leistungsindikatoren umfassen, anhand derer die Ergebnisse und Auswirkungen der von den Plattformen ergriffenen Maßnahmen sowie die allgemeinen Auswirkungen des Kodex auf Desinformation in der EU gemessen werden. Die Plattformen sollten der Kommission regelmäßig über die ergriffenen Maßnahmen und ihre relevanten zentralen Leistungsindikatoren Bericht erstatten. Informationen und Daten sollten von den Plattformen in standardisierten Formaten aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.
Schließlich sollten die unterzeichnenden Parteien ein Transparenzzentrum einrichten, in dem sie ihre Strategien zur Umsetzung der Verpflichtungen des Kodex und wie sie diese durchgesetzt haben darlegen, und zudem alle für die zentralen Leistungsindikatoren relevanten Daten und Parameter angeben.
EU-Kommission / 26.05.2021